Königsplatz



Bei den Straßenneubenennungen 1839 wurde die Esplanade in Königsplatz umgetauft, war doch der Kurfürst, dessen Denkmal ihn zierte, 1806 zum König von Napoleon Gnaden ernannt worden.

Um 1846 ist die Anlage verändert: Das Denkmal ist nun von einem Pappelrondell umgeben. Um 1864 nimmt ein von zwei Baumreihen gefaßtes langgestrecktes Oval den Platzraum ein, das mit dem Denkmal im nördlichen Drittel bis 1935 den Platz bestimmt


Karte um 1884

Nach der Mitte des Jahrhunderts begann der Platz offenbar seine Exclusivität zu verlieren 1864 hatten sich zwar die Stadtväter entschlossen, ihn durch den Bau des Neuen Theaters aufzuwerten, dieser Plan scheiterte jedoch an der entschiedenen Haltung des Architekten Langhans, der das Theater gegenüber dem kürzlich entstandenen Museumsbau am Augustusplatz errichten wollte.

1879 wurde der Königsplatz das erste Mal überbaut; eine Halle für die Kunstgewerbeausstellung überdeckte einen Großteil seiner Fläche. Die in dieser Zeit beginnende gründerzeitliche Umgestaltung der Stadt erfaßte auch das Gebiet südlich des Ringes. Das Restaurant Panorama (1883/84)

Bau des Panorama
Panorama

und die Markthalle (1891)

Markthalle, Blick von Süden
Markthalle, Blick von Norden

verliehen dem alten Roßmarkt eine neue Attraktivität.

Auch am Königsplatz begann eine rege Um- und Neubautätigkeit. Während der Platz an der Ostseite durch seine zwar aufgestockten und mit Schaufensterfronten versehenen barocken Bauten die kleinteilige Parzellenstruktur beibehielt,

Ost- und Südseite des Königsplatzes

mußten die alten Gasthöfe am Peterssteinweg parzellenübergreifenden fünfgeschossigen Geschäftshäusern wie dem der Kaffefirma Poetzsch und Hotels wie dem Münchner Hof und dem Hotel Royal weichen.

Diese wiederum erwarben 1913 die Gebrüder Ury, die an dieser Stelle durch Leipzigs prominentesten Architekten Emil Franz Hänsel ihr neues Kaufhaus erbauen ließen,das sich bis in den Eckbereich der alten Nonnenmühlgasse erstreckte.

Kaufhaus Uri

Es wurde am 9. November 1938 ebenso verwüstet wie das Warenhaus Bamberger&Hertz und andere jüdische Geschäfte. Die strenge neoklassizistische Architektur des Kaufhauses beherrschte die westliche Platzseite in Korrespondenz zum repräsentativen Neorenaissancebau des Grassimuseums an der Südseite, das 1896 an die Stelle der alten Handelsschule getreten war und bis zum Bau des neuen Grassimuseums am Johannisplatz 1929 die Sammlungen des Völkerkunde- und Kunstgewerbemuseums beherbergte.

Grassimuseum

Im übrigen herrschte reges Treiben auf dem Königsplatz: Wochenmärkte wurden abgehalten, Vergnügungsbuden und ein Hippodrom gab es zur Messezeit, und schließlich hatte sich hier auch die beliebte Kleinmesse etabliert, die erst 1907 auf das Gelände an den Frankfurter Wiesen umzog.

Kleinmesse auf dem Königsplatz

Im Jahr 1921 verschwand der Platz erneut unter der riesigen Holzkonstruktion einer von der Textilmeßhäuser GmbH errichteten Halle.
"Der verschwundene Königsplatz" titelte die Leipziger Zeitung Handelsblatt und begann ihren Artikel mit dem Satz: "Leipzig ist wieder um einen seiner schönsten Plätze ärmer". Die damls als kurzzeitiges Provisorium gedachte Textilmesshalle, die den ganzen Platz bedeckte, blieb - auch schon damals ein Charakteristikum von Provisorien - länger als 10 Jahre stehen.
Die Ambitionen dieser Gesellschaft, die 1924 auch das alte Grassimuseum erwarb, gingen noch weiter: Nach Plänen, die der Leipziger Architekt Walter Gruner entworfen hatte, sollte der Königsplatz durch einen hohen Messepalast, der mittels Straßendurchfahrten mit langgestreckten Messehäusern an der Ost- und Westseite verbunden war, bebaut werden. Diese "amerikanische Projekt" scheiterte jedoch am Veto der Stadtverwaltung unter Baudirektor James Bühring.
Die Textilmessehalle blieb bis 1932 stehen. "Der Königsplatz wird frei" frohlockten die Leipziger Zeitungen bei ihrem Abbruch.Im Januar 1933 lobte die Stadt einen Wettbewerb zu seiner Neugestaltung aus, an dem sich 80 Architekten beteiligten. Der Siegerentwurf des Architekten Kurt Schwarze sah einen großzügigen Platzraum vor, gerahmt von straffen Platzwänden mit einheitlicher Simshöhe, ohne Bepflanzung und unterlegt von einem Plattenbelag mit wechselnden hellen und dunklen Flächen. Eine ähnlich strenge Platzgestaltung zeigen schon die Zeichnungen von Max Born in Zusammenhang mit dem Generalbebauungsplan Hubert Ritters von 1929. Die Platzmitte sollte durch eine hohe Säule eine zentrale Betonung erhalten. Bei der Symbolik für die Säule schwankten die Meinungen zwischen Themen zur Buch-, Messe- und Stadtgeschichte und einer nationalsozialistischen "Freiheitssäule". In dieses großräumige Konzept paßte das alte Friedrich-August-Denkmal nicht mehr. Ohnehin war es auf seinem monumentalen Sockel etwas kleinteilig geraten, was bereits 1906 der Lokaldichter Georg Bötticher scharfsinnig erkannt hatte: "Uff e sehre großen und hochen Steene, da steht e Gerlchen was sehr kleene" schrieb und er kam zu dem Schluß: " Fer en Bodendaden is das Gerlchen ä bischen dinne geraden." 1935 wurde der "Bodendad" dann in den Garten des Gohliser Schlößchen überführt, wo er - auf einem neuen, kleineren Sockel - heute noch steht.

Friedrich-August-Denkmal

Im übrigen hat sich - aus Geldmangel - nichts getan, außer dass die Baumreihe, die den Platz umgab, entfernt worden war, so dass die nunmehr ausgeräumt wirkende Fläche eher den Charakter eines Verkehrsraums angenommen hatte. Der Krieg und die Bombenangriffe erledigten dann den Fall Königsplatz auf ihre Weise. Auf den von Trümmern beräumten Flächen wuchsen Büsche und Bäume. Nun war der einstige Königsplatz, der 1945 nach Wilhelm Leuschner, dem im Zusammenhang mit dem 20.Juli 1944 hingerichteten Sozialdemokraten und Mitglied des Kreisauer Kreises, benannt worden ist, wirklich verschwunden.
Er wird heute als Parkplatz "mißbraucht".

Wilhelm-Leuschner-Platz 2004

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