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  Ute Tartz


Christa Gottschalk

 

 

Christa Gottschalk war von 1949 bis 1951 und von 1958 bis 2009 Schauspielerin am Schauspiel Leipzig und bis 2004 Lehrbeauftragte für Szenenstudium und künstlerisches Wort an der Hochschule für Musik und Theater "Felix Mendelssohn Bartholdy" Leipzig.
In über 180 Rollen war sie zu erleben. Sie spielte alle großen klassischen Rollen der Weltliteratur, z. B. Goethes Gretchen, Maria Stuart, Lady Macbeth, Iphigenie, Prinzessin Eboli, und dann auch zeitgenössische Rollen, wie z. B. in Stücken von Brecht oder Aitmatow.
Mit der Winnie in Samuel Becketts "Glückliche Tage" verabschiedete sie sich 1995 von der Bühne. Seit 1997 ist sie Ehrenmitglied des Leipziger Schauspielhauses.

Geboren wurde sie am 2. Dezember 1927 in Dessau, wo sie auch die Grund- und Oberschule besuchte und 1945 abschloss.

1946 kam sie nach Leipzig, um an der Staatlichen Hochschule für Musik, Fach Schauspiel, zu studieren.
In einem Interview in der Zeitschrift der Hochschule für Musik und Theater "Felix Mendelssohn Bartholdy" vom 26.08.2009 sagt sie: "Bis Mai 1945 bestimmte unser Leben die Angst vor Naziterror, Bespitzelung, Bombenangriffen und Todesnachrichten. Meine Heimatstadt Dessau wurde zu 90 % zerstört. In Leipzig erwartete mich ebenfalls eine Trümmerlandschaft."
Im Weiteren beschreibt sie, wie sie als Studentin hungerte und Not litt.
Zum Studium sagt sie: "Unser Studium bestand aus vier Semestern: Unterricht in Schauspiel…, Stimmbildung…, Sprechtechnik…, Kultur-, Literatur- und Musikgeschichte…und weitere Fächer wie Bewegungslehre, Gesellschaftstanz, Soziologie, Dramaturgie. Fechten war verboten, Hieb- und Stichwaffen durften wir nicht benutzen.
Nach dem ersten Semester bot mir die Hochschulleitung ein Stipendium an, das habe ich nur zu gern angenommen. Die Studienjahre in dieser Aufbruchstimmung waren lebensprägend und der Anfang von Allem!"

1948 schloss sie das Studium ab. 1949 bekam sie ihr erstes Engagement am Schauspielhaus Leipzig, wo sie bereits als Studentin Rollen übertragen bekommen hatte. Zu dieser Zeit war Karl Kayser Schauspieler und Regisseur in Leipzig. Ab 1950 war er Generalintendant am Deutschen Nationaltheater in Weimar. 1951 holte er Christa Gottschalk nach Weimar. 1953 wurde sie von Wolfgang Langhoff ans Deutsche Theater in Berlin verpflichtet, was eine Auszeichnung für jeden Schauspieler bedeutete.

Hier lernte sie ihren Lebensgefährten, den Schauspieler Willy A. Kleinau, kennen. Er war ein in Ost- und Westdeutschland gefragter Charakterschauspieler und Regisseur. 1957 spielte Gottschalk in dem DEFA - Film "Reifender Sommer", ein Neubauerndrama, die Hauptrolle neben Willy A. Kleinau. Der Film wurde ihr Schicksalsfilm, denn als der Film fast fertig gedreht war, verunglückten beide am 18. Oktober 1957 bei einem Autounfall in der Nähe von Merseburg. Kleinau kam dabei ums Leben, und Christa Gottschalk überlebte schwer verletzt. Den Schock über den Tod ihres Lebensgefährten hat sie wohl nie verwunden.
Heute ist der Film weitgehend vergessen, obwohl die DEFA ihn noch fertig gestellt hat.

1958 kehrte Christa Gottschalk an das Schauspielhaus Leipzig zurück. Jahrzehntelang zählte sie zu den gefeiertsten Schauspielerinnen des Leipziger Schauspielhauses.
Als der neue Intendant Wolfgang Engel 1996 die Verträge mit den langjährigen Schauspielern kündigte, behielt er sie als Gastdarstellerin.

Neben ihrer Dauerpräsenz auf der Bühne hatte sie Film-, Synchron- und Rundfunkarbeit. Deutschlandweit las sie Texte von Goethe, Thomas Mann, Romain Rolland, Kurt Tucholsky, Heinrich Böll, Maxie Wander und anderen Autoren sowie jüdische Lyrik.
Auf der Leinwand und im Fernsehen war sie weniger präsent. Erinnert sei hier nur an Konrad Wolfs Literaturadaption "Lissy" (1957) und Heinz Thiels Krimi "Schwarzer Samt" (1964).
1997 moderierte sie im Gewandhaus Leipzig die UNICEF- Gala.

Auch als einfühlsame Lehrerin wurde sie geschätzt. Über Jahrzehnte gab sie an der Theaterhochschule ihre Erfahrungen an den Nachwuchs weiter, brachte ihm vor allem ihre exzellente Sprechtechnik bei und vermittelte die Ethik ihres Berufs.

 
  Grabstätte Christa Gottschalk
Südfriedhof Leipzig1

Auf die Frage, was ihrer Meinung nach der wichtigste Inhalt der Ausbildung zum Schauspieler/Schauspielerin sei, antwortete sie in dem oben erwähnten Interview: "Im Theater ist das Handwerk als gute Basis wichtig, aber auch eine ethische Ausbildung, die die Tiefe der Dinge erforschen und erfassen hilft. Ausserdem muss man in einem künstlerischen Beruf auch Sendungsbewusstsein haben…"

 

Die DDR verlieh ihr 1967 den Kunstpreis der DDR, 1969 den Nationalpreis III. Klasse für Kunst und Literatur, die Bundesrepublik 1999 das Bundesverdienstkreuz.

 

Am 9. April 2018 starb Christa Gottschalk im Alter von 90 Jahren in Leipzig. Ihr Grab befindet sich auf dem Südfriedhof.

 

(Oktober 2018)

 

 

 

 

1 https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Grabst%C3%A4tteChristaGottschalk.jpg

 

 

 

 

Website der Projektgruppe Frauenpersönlichkeiten