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  Undine Jung


Bertha Wehnert-Beckmann

 

 

Bertha Wehnert-Beckmann gehört zu den ersten Berufsfotografinnen in Deutschland. In ihren Arbeiten gelang es ihr, technische Qualität mit künstlerischem Anspruch zu verbinden.

Berta Beckmann wurde 1815 in Cottbus geboren. Von 1839 bis 1843 lebte sie mit Unterbrechung in Dresden. Über Kindheit und Jugend ist nichts bekannt. In Dresden wohnt und arbeitet sie in einem Gartenhäuschen des Hotels "Stadt Wien". Ihre erste Annonce schaltet sie 1842, allerdings noch nicht unter ihrem Namen, und wirbt für Reproduktionen von Malereien und Druckgraphiken. In nachfolgenden Annoncen verweist sie auf ihren Lehrmeister Wilhelm Horn. Bisher war man immer von Eduard Wehnert als ihrem ersten und wichtigsten Lehrmeister ausgegangen.

"Dieser sensationelle Fund eines deutschen Sammlers rüttelt ebenfalls an der Theorie vom Lehrer-Schüler-Verhältnis zwischen Eduard Wehnert und Bertha Beckmann geht er doch mit der oben zitierten Anzeige konform." 1
"Jedenfalls steht nun fest, dass die resolute junge Frau nicht erst bei Wehnert, sondern schon viel früher das Daguerreotypieren erlernt hat." 1

 
Bertha Wehnert-Beckmann
  Bertha Wehnert-Beckmann 2

1843 hält sie sich kurzzeitig in ihrer Geburtstadt Cottbus auf und bietet ihre Dienste an. Nach Leipzig kommt sie im Jahr 1843. Von der städtischen Verwaltung erhält sie vorerst eine Fremdenkarte, die keinen Daueraufenthalt bot. Sie bietet im "Leipziger Tageblatt" colorierte Portraits in verschiedenen Größen bis hin zum Medaillon an. Kurze Zeit später berichtet dieselbe Zeitung wohlwollend über ihre Arbeit und verweist, speziell für die Damenwelt, auf die Möglichkeit, sich von einer Frau daguerreotypen zu lassen. Unter ihren Arbeiten befinden sich auffallend viele Porträts von Frauen und Kindern, die zu den schönsten in Deutschland entstandenen zählen.

In der kalten und trüben Jahreszeit 1843/44 zieht sie als Wander - Daguerreotypistin durch Thüringen, z.B. Altenburg und Gera. Sie verwendet zu dem Zeitpunkt die legendäre Voigtländer Kamera Nr.1, die seit 1841 auf dem Markt ist. Für ein Porträt verlangt sie 3 Taler. Hier verweist Bertha Beckmann erstmals in ihren Anzeigen auf eine Ausbildung durch Eduard Wehnert. In Altenburg nimmt sie erstmals mit 3 Aufnahmen an einer Ausstellung, die vom Altenburger Kunst- und Handwerksverein ausgerichtet wurde, teil.
Die Zeiten, wo junge unverheiratete Frauen allein umherreisen können, waren noch nicht angebrochen. Im Zusammenhang mit ihrem Namen taucht der Name Reinhold Beckmann aus Cottbus auf. Dieser könnte ein Bruder oder Onkel gewesen sein, der sie begleitet.

1840 lernt sie ihren Mann kennen, bei dem sie Weiteres über die Daguerreotypie erlernt. Ab 1842 erscheinen immer wieder Annoncen in der Dresdner Tagespresse unter ihrem Namen, in der sie als erste Daguerreotypistin Reproduktionen von Porträts, Gemälden und Druckgraphiken anbietet. Dies war ungewöhnlich, da bislang Daguerreotypisten nur Porträtaufnahmen anboten.

Um das Herumziehen in der kalten Jahreszeit zu verkürzen, stellt sie im November 1844 bei der städtischen Verwaltung den Antrag, als "Schutzverwandte" in Leipzig anerkannt zu werden. Erst im 2. Antrag, in dem sie auf ein 2. Standbein, die Haarklöppelei, verweist, wird ihrem Antrag zugestimmt. Damit war das Dauerwohnrecht in Leipzig für sie gewährleistet. Sie nimmt Kontakt mit der " Leipziger Moden - Zeitung" auf, fertigt Arbeiten für mehrere Ausgaben an - in Stahl gestochene Porträts berühmter Persönlichkeiten. Durch diese Arbeiten lernt sie zahlreiche prominente Zeitgenossen kennen.

1845 werden sie und ihr Lehrmeister, der Daguerreotypist Eduard Wehnert, ein Ehepaar. In der Folgezeit eröffnet das Ehepaar in der Burgstraße in Leipzig ein Fotoatelier. Nach dem frühen Tod ihres Ehemanns 1847 führt sie das Atelier allein weiter.

1849 bis 1851 unternimmt sie mit ihrem 19- jährigen Bruder Rudolph eine Reise durch die Vereinigten Staaten von Amerika und eröffnet am Broadway in New York ein Studio. Damals gab es auf dieser Straße mehr Daguerreotypisten als in London. Aus dieser Zeit existieren noch Porträt- Kalotypien, da sie sofort zur Papierfotografie übergegangen ist. Vom "American Institute in New York" wird ihr ein "Diplom für besondere Verdienste um die Porträtphotographie" verliehen.

1851 kehrt sie nach Leipzig zurück und arbeitet im Atelier in der Burgstraße Nr. 8, welches sie vorerst noch unter dem Namen ihres verstorbenen Mannes führt. In ihrer Abwesenheit hatte ihr Bruder Robert das Geschäft weitergeführt.

Auf der ersten großen Ausstellung von Fotografien in Deutschland, der Allgemeinen Deutschen Industrieausstellung 1854 in München, ist Bertha Wehnert-Beckmann neben A. F. Oppenheim als eine der beiden Daguerreotypisten aus Sachsen vertreten. Dort stellt sie auch bereits Papierfotografien aus. Ab 1842 hat sie 40 Jahre lang selbständig gearbeitet. 1865/66 zu Ansehen und Wohlstand gekommen, erwirbt sie ein palaisartiges Gebäude in der Elsterstraße, in dem sie auch ein großes, gut gehendes Atelier betreibt. Ihr Arbeitsleben dauerte bis 1883.

Zwischen 1868 - 1875 hat Bertha Wehnert-Beckmann ca. 3000 Platten hergestellt, die im Stadtgeschichtlichen Museum lagern. Obwohl 140 Jahre alt, zeigen die Platten eine gute Qualität. Über die abgebildeten Personen ist nichts bekannt, nur manchmal sind der Familienname der fotografierten Personen und das Datum der Aufnahme festgehalten. Zumeist waren es Damen der höheren Gesellschaft, 60% der Platten zeigen Frauen und Kinder.

Am 6. Dezember 1901 stirbt sie in Leipzig.

 

(Mai 2011)

 

1 Jochen Voigt, Christoph Kaufmann "Der gefrorene Augenblick" Daguerreotypie in Sachsen 1839-1860; Edition Mobilis Chemnitz, S.111 ff
2 Bertha Wehnert-Beckmann, Stadtgeschichtliches Museum Leipzig, Fotothek

weitere Quelle:
http://www.dhm.de/ausstellungen/gruenderzeit/biografien/wehnert_beckmann_bertha.html


 

 

 

 

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