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Universität Leipzig

Arbeitsgruppe Zeitzeugen
der Seniorenakademie

Berichte über Erlebnisse

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Ein Erlebnis am Rande des 13. August 1961

Ein Bericht von Dr. Klaus-Dieter Schmidt, Leipzig

Ein paar Tage Urlaub habe ich 1961 mit meinen Eltern und meiner Schwester in Güstrow verbracht. Eines schönen Sonntags sind wir auf einen Ausflug nach Teterow gefahren. Teterow ist ein kleines Mecklenburger Städtchen, das mit den Teterowern so ungefähr dem Ort Schildau mit den Schildbürgern gleichgestellt wird. Von den Teterowern existiert die Geschichte, daß Fischer im Teterower See einen Hecht gefangen hatten, der noch zu klein war. Der Hecht bat die Fischer, ihn wieder schwimmen zu lassen. Wenn er dann ausgewachsen wäre, könnten sie ihn ruhig fangen und verspeisen. Die Fischer hängten dem Hecht ein Glöckchen um den Hals, damit sie ihn wieder finden würden und ließen den Hecht wieder ins Wasser.

hechtbrunnenZur Erinnerung an dieses Ereignis wurde in Teterow der Hechtbrunnen gebaut. Klar, dass man so etwas fotografieren muss!

Aber nicht am 13. August 1961!

An diesem Tag wurde in Berlin die Mauer gebaut, und der Hechtbrunnen liegt unmittelbar neben dem Teterower Schloss auf dem Markt. Unglücklicherweise befand sich damals im Schloss das Volkspolizeikreisamt VPKA. Die Inhaber dieses Etablissements hatten nun beobachtet, dass ich dort fotografiert hatte, und sie witterten Verrat! Ich wurde also von der Volkspolizei mitsamt meinen 2 Kameras mit ins VPKA genommen. Nun wurde ich einem Verhör unterzogen. Was ich da fotografiert hätte, und ob ich wüsste, was für ein Tag das heute sei. Glücklicherweise habe ich die Brüder ernst genommen. Ich erwiderte, dass ich wohl wüsste, was heute für ein Tag sei. Die DDR hätte ihr souveränes Recht wahrgenommen und in Berlin die Republik gegen die westdeutschen Imperialisten abgeschirmt. Und ich hätte gewusst, dass der Hechtbrunnen unmittelbar neben dem VPKA läge, deshalb hätte ich sorgfältig darauf geachtet, dass ich nur den Hechtbrunnen auf das Bild bekomme, nicht aber das VPKA. Nun wurden die Genossen etwas freundlicher und fragten, welcher Film denn der Schwarzweißfilm sei. Ich müsste Verständnis haben, aber zur Kontrolle müssten sie diesen entwickeln. Das taten sie dann auch und ich musste warten, bis der Film entwickelt war. Einer der Genossen erzählte mir nun wie lange er schon im Dienst war, er wäre nicht einmal dazugekommen, sich zu rasieren. Ich sah nun, was ich sicher nicht sehen sollte. Die Genossen waren bis an die Zähne im geschlossenen Objekt bewaffnet. Offenbar war die Angst, dass die Bevölkerung sich zur Wehr setzt, ziemlich groß. Der entwickelte Film zeigte nun nur das Dach der Apotheke, nicht aber das VPKA. So ließen sie mich nach 45 Minuten laufen. Meine Eltern hatten die ganze Zeit gewartet, und deren Fotoapparat hatten sie auch eingezogen. Da aber dort ein Farbfilm drin war, hatten sie diesen ebenfalls nicht geöffnet. Meine Aufnahmen hatten ihnen gereicht.

40 Jahre später, am 13. August 2001, waren meine Frau und ich zum Andenken in Teterow, das Schloss ist jetzt Sitz des Bürgermeisters, auf eine besondere Gedenkminute beim Bürgermeister von Teterow habe ich dann verzichtet.



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