Eine mittelalterliche Willkommenskultur? Das östliche Europa als Migrationsraum für “Gäste”

Christian Lübke (GWZO)

Abstract

Migrationen sind ein Phänomen der Menschheitsgeschichte, und in der öffentlichen Debatte zieht man gerne historische Vergleiche wie etwa in Bezug auf die “Völkerwanderung.” Nach ihrem Ende war das östliche Europa von solchen Bewegungen weiterhin ungleich stärker betroffen als die westliche Hälfte des Kontinents, vor allem durch die Ankunft und Niederlassung kriegerischer, aus Asien kommender, Verbände: nach den Hunnen die Avaren, die Pe?enegen, die Kumanen, die Tataro-Mogolen. Dazu formierten sich die mittelalterlichen nationes auf der Basis von Zuwanderung und Expansion der Slaven, der Donaubulgaren, der Ungarn, schließlich der Deutschen, der Juden u.a.m. Bei der Frage nach der Gestaltung des Zusammenlebens von Indigenen und Ankömmlingen fällt der häufige Gebrauch des Terminus “Gast” (slav. gost’, lat. hospis) für die Fremden auf. Der Vortrag beleuchtet diese Phänomen, analysiert seine Wurzelns sowie seine sozialgeschichtliche Abbildung in den Quellen und er ordnet es in den Verlauf der mittelalterlichen Formierung der ostmittel- und osteuropäischen Staaten ein.

Biographical Note

Prof. Dr. Christian Lübke (Leibniz Institute for the History and Culture of Eastern Europe (GWZO), Leipzig University, Germany)
Since 2007, Christian Lübke has been a professor of the history of East–Central Europe at Leipzig University (Germany) and the director of the Leibniz Institute for the History and Culture of Eastern Europe (GWZO) since 2007. His habilitation at FU Berlin (Germany) dealt with strangers in Eastern Europe from the ninth to the eleventh century [“Fremde im östlichen Europa. Von Gesellschaften ohne Staat zu verstaatlichten Gesellschaften (9.-11. Jahrhundert)”]. From 1996 to 2007, he was a project leader at the GWZO and from 1998 to 2007, a professor of Eastern European history at the University of Greifswald (Germany).