Globale Ressourcenflüsse im Wandel: Ende oder Revival der Rententheorie?

Tagung der DVPW Sektion "Entwicklungstheorie und Entwicklungspolitik"

Overview

Globale Ressourcenflüsse sind wieder in aller Munde. Wurden sie noch im Zuge der Diskussion um den Ressourcenfluch als Entwicklungsblockaden und Konfliktgeneratoren abgetan, gewinnen sie mit Diskussionen beispielsweise zum Neoextraktvismus erneut, nunmehr scheinbar an positiver Bedeutung. Betonen also die Einen eher die Grenzen der Entwicklungsmöglichkeiten dieser Ressourcen, sehen die Anderen auch neue Entwicklungschancen. In den Zeiten hoher Ölpreise standen in diesen Diskussionen traditionelle Ströme aus mineralischen Exportgütern oder agrarischen Exportprodukten im Vordergrund. Nach dem Sinken der Ölpreise hat sich das aber auch nicht wieder geändert. Jedoch verschiebt sich diese Aufteilung zunehmend: Quantitativ sind heute schon remittances größer als Auslandsdirektinvestitionen und übersteigen ein Vielfaches die offizielle Entwicklungshilfe. Aber auch Einnahmen aus Spekulationsgeschäften, seien es Landkäufe (land-grabbing), Finanzgeschäfte (financialisation) oder Geldwäsche wachsen an. Hinzu kommt mittlerweile auch ein großer Anteil neuer Entwicklungshilfegeber im Rahmen von Süd-SüdKooperationen. Diese neuen Ressourcenflüsse verbinden Orte in Entwicklungs- und Industrieländern zu transnationalen Netzwerken, die auch abseits herkömmlich gewachsener Ressourcenrouten entstehen. Inzwischen prägen sie ganze Entwicklungsmodelle einzelner Gesellschaften im Globalen Süden, die sich mit der zunehmenden Spezialisierung auf diese Flüsse und mit der Unterstützung Internationaler Entwicklungsagenturen wie beispielsweise der Weltbank enorme Entwicklungserfolge versprechen. Letztere sprechen sogar von einem neuen Entwicklungs-„Mantra“. Bei genauerem Hinsehen sind es jedoch nicht nur Quantitäten, die diese Ressourcenflüsse zu einem neuartigen Phänomen stilisieren, sondern auch ihre noch unzureichende Einbettung in Entwicklungstheorien. Die Sektionstagung widmet sich aus diesem Grund der Frage, wie diese neuen Ressourcenflüsse aus entwicklungstheoretischer Perspektive zu bewerten sind. Lassen sie sich in „ältere“ Großtheorien einordnen? Fordern sie neue Beiträge zur Entwicklungstheorie heraus? Diskutiert werden soll die Bedeutung dieser neuen Ressourcenflüsse für Entwicklung aus unterschiedlichen theoretischen, methodischen und epistemologischen Positionen. Im Detail wird eine Diskussion zu folgenden Fragen angeregt:

• Wie unterscheiden sich diese neuen Ressourcenflüsse von traditionellen mineralischen und agrarischen Exporteinnahmen?

• Welche Effekte haben diese neuen Ressourcenflüsse in Entwicklungsländern?

• Wie wirken diese Ressourcenflüsse auf lokaler Ebene?

• Wie lassen sie sich kontrollieren?

• Wie verändert sich Staatlichkeit in Entwicklungsländern unter dem Anpassungsdruck dieser Ressourcenflüsse?

• Wie reagieren Internationale Entwicklungsorganisationen auf sie?

• Wie werden diese Ressourcenflüsse diskursiv eingerahmt, und welche potentielle Möglichkeiten werden ihnen zugesprochen?