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  Ute Tartz


Marianne Pauline Mende

 

 

Marianne Pauline Mende war eine Leipziger Stifterin. Ihr verdankt Leipzig den größten und schönsten Brunnen, der auch wegen einer Legende um seine Entstehung Bedeutung erlangt hat.

Marianne Pauline wurde als eines von acht Kindern des Kaufmanns Jacques Henri Thierot am 19. Februar 1807 in Leipzig geboren.
Am 11. Juni 1828 heiratete sie den Posamentenhändler Ferdinand Wilhelm Mende. Die Familie hatte einen Sohn.

Beide Eheleute besaßen Grundstücke: Marianne Pauline war Gutsbesitzerin in Schönefeld, besaß die Grundstücke Querstraße 26 und Salomonstraße 16, ihr Mann war Hausbesitzer der Querstraße 22.

Am 10. April 1857 ertrank Ferdinand Wilhelm Mende durch Freitod in der Parthe in Leipzig. Schon zu seinen Lebzeiten stiftete er größere Summen zur Unterstützung und Ausbildung Leipziger Waisen und für den Bau eines Waisenhauses. Er begründete außerdem mit einem Vermächtnis die Mende-Stiftung für Blinde. Dieser Stiftung schenkte seine Witwe 1868 die Grundstücke Querstraße und Salomonstraße.

 
Ganymed, den Adler tränkend 1  





1864 hatte Pauline Mende bereits dem Städtischen Kunstmuseum (heute Museum der Bildenden Künste) die Skulptur "Ganymed, den Adler tränkend" von Bertel Thorvaldsen gestiftet.












Am 25. Oktober 1881 starb Marianne Pauline Mende. In ihrem Testament vom 09. 04. 1867 hatte sie verfügt, dass nach ihrem Tod die Stadt Leipzig einen Brunnen von monumentaler Architektur auf einem freien Platz innerhalb der Promenade bauen sollte. Für diesen Zweck stiftete sie der Stadt 150.000 Goldmark. Sie wollte damit ihrem Mann ein bleibendes Gedenken sichern. Andere Ehrungen für ihn hatte die Stadt wegen seines Selbstmordes abgelehnt. Am 2. 9. 1886 wurde der Brunnen im Stile des Neobarock auf dem Augustusplatz enthüllt. Er stellt die Bedeutung des Wassers für den Menschen bildlich dar.

 
  Brunnen auf dem Augustusplatz

Auf der Südseite kann man folgende Inschrift lesen: "Errichtet aus dem Vermächtnisse der Frau Marianne Pauline Mende geb. Thierot 1886". Auf der Nordseite steht: "Zum Himmel streben mit frischer Kraft, der Erde geben was Segen schafft, mit lautrer Helle lehrt es die Welle." (von Paul Heyse).


 
Inschrift auf der Südseite  

Der Bau des Brunnens hatte sich verzögert, weil der Stadtrat eine Ausschreibung durchführen ließ, um die Auflagen der Frau Mende zu erfüllen. Die ersten Wettbewerbe führten nicht zu einem befriedigenden Resultat. Erst der am 6. April 1883 von Oberbaurat Adolf Gnauth aus Nürnberg und dem Bildhauer Jakob Ungerer aus München eingereichte Entwurf überzeugte das Gremium und wurde bewilligt. Die Baukosten betrugen fast 189 000 Goldmark, überstiegen somit die gespendeten 150 000 Goldmark. Der Fehlbetrag wurde durch inzwischen aufgelaufene Zinsen auf die 150.000 Goldmark und der Rest aus dem Nachlass des Leipziger Kaufmanns Franz Dominic Grassi aufgebracht.

 
  Inschrift auf der Nordseite


















Dem prachtvollsten und größten Brunnen in Leipzig haftet hartnäckig eine pikante Geschichte an, die Egon Erwin Kisch 1927 in der Sammlung "Wagnisse in aller Welt" in Umlauf gebracht hatte.

Die Legende von Egon Erwin Kisch lautete:

"Frau Maria Pauline Mende hatte, so erzählen die älteren Leipziger, das Haus Marienstrasse 4 inne. Es war gewiß ein vornehmes Etablissement, selbst angesichts der stattlichen Vergleichsmöglichkeiten, durch die die Stadt in der Welt berühmt ist.
In dem offenen Hause, das Frau Maria Pauline hielt, verkehrten die feinsten Herren der Stadt, und auch den Damen, die hier sozusagen zu Hause waren, wird nachgerühmt, dass sie die Kunst der vollendeten Unterhaltung besaßen.
Die Prinzipalin genoß in ihrem Heim bei Gästen und Angestellten größten Respekt - aber es konnte ihr nicht verborgen bleiben, dass alle Freundschaftsbeweise und alle Ehrenbezeigungen in dem Augenblicke ausblieben, da sie sich öffentlich zeigte. Vom Theater, in dem sie eine Loge abonnieren wollte, wurde ihr das Geld zurückgesandt, und in ähnlicher Weise wurde sie brüskiert, wenn sie sich an gesellschaftlichen Veranstaltungen zu beteiligen versuchte.
Dabei hatte sie sich nichts zu schulden kommen lassen, hatte ihre Steuern immer pünktlich bezahlt, stand mit der Polizei dienstlich und außerdienstlich auf dem allerbesten Fuße und war den Mädchen, deren Gewerbe sie als schimpflich betrachtete, durch keinerlei andere Beziehung verbunden, als dass sie in ihrem gastlichen Hause leben und lieben ließ, wofür sie deren Einnahmen an sich nahm."

Der Name Mendebrunnen wurde von da an nur noch mit einem gewissen Unterton genannt.
In der Leipziger Volkszeitung vom Mai 1950 wurde der Kisch - Artikel noch einmal nachgedruckt. Daraufhin meldete sich ein Rechtsanwalt in der Chefredaktion, um folgendes klarzustellen: Es gab wohl zwei Witwen Mende in der Marienstraße, die eine war die Kaufmannswitwe Marianne Pauline Mende, die andere eine Etablissementbesitzerin.
Man nimmt heute an, dass Kisch Marianne Pauline Mende mit der anderen Dame verwechselt hat. Es gibt auch die Meinung, er hätte dieses Missverständnis ganz bewusst in Umlauf gebracht. Vielleicht hat auch der Rechtsanwalt nicht die Wahrheit gesagt. Die Frage kann bis heute nicht endgültig beantwortet werden.

 

(September 2016)

 

1 Quelle: de.wikipedia.org/wiki/Ganymed_(Mythologie)

 

 

 

 

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