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  Ute Tartz


Elisabeth Brendel

 

 

Elisabeth Brendel lebte von 1844 bis 1866 in Leipzig. Mit ihrem Mann, dem Musikkritiker und Musikwissenschaftler Dr. Franz Brendel, kam sie 1844 von Dresden nach Leipzig. Zu der Zeit war sie bereits eine anerkannte Pianistin. Unter ihrem Mädchennamen Tautmann war sie Konzertfreunden in Wien, München und in Leipzig bekannt.
Heute deutet nichts mehr auf ihr Leben in Leipzig hin. Auch in der einschlägigen Literatur, wie z.B. im "Musiklexikon", VEB Deutscher Verlag für Musik Leipzig 1966, im "Stadtlexikon Leipzig von A bis Z" von 2005 oder im online-Lexikon Leipzig wird nur ihr Mann Franz Brendel gewürdigt.

Elisabeths Vater, der Kaufmann Johann Christian Tautmann aus Lützen, war mit einer Russin verheiratet. Daher wurde Elisabeth Tautmann am 27. August 1814 in St. Petersburg geboren. Dort und in Moskau, später auch in Berlin, erhielt sie Klavierunterricht. Die Eltern zogen mit ihr und ihrem jüngeren Bruder nach Dresden, wo Elisabeth ihren späteren Mann kennenlernte.

1844 heirateten Franz und Elisabeth Brendel. Sie zogen nach der Hochzeit nach Leipzig.
Karl Franz Brendel wurde 1811 in Stolberg im Harz geboren, lebte dann als Kind in Freiberg in Sachsen. Von 1831 bis 1835 studierte er Philosophie, Kunstgeschichte und Jura in Leipzig und Berlin. Bei Friedrich Wieck nahm er nebenbei Klavierunterricht. Nach Freiberg zurückgekehrt, wandte er sich ganz der Musik zu. Er beschäftigte sich mit der Geschichte der Musik und Ästhetik und begann 1841 eine musikgeschichtliche Vortragsreihe in Freiberg, ab 1842 auch in Dresden. Elisabeth Tautmann war oft künstlerische Mitwirkende bei diesen Vorträgen.
Ab Januar 1845 übernahm er von Robert Schumann die Redaktion der "Neuen Zeitschrift für Musik" in Leipzig. Damit hatte er bis zu seinem Tode eine Schlüsselstellung im deutschen Musikleben inne, die Zeitschrift entwickelte sich zum Sprachrohr der "Zukunftsmusik".
Von 1856 bis 1861 gab er mit dem Musikschriftsteller Richard Pohl die "Anregungen für Kunst, Leben und Wissenschaft" heraus. (s. auch Marie Lipsius) Ab 1846 lehrte er am Leipziger Konservatorium. 1859 wurde er erster Präsident des von ihm mitbegründeten "Allgemeinen Deutschen Musikvereins".

Im Januar 1845 trat Elisabeth Brendel zum letzten Mal öffentlich im Gewandhaus auf. Die Kritik bescheinigte ihr ein solides Spiel, aber gleichzeitig Befangenheit. Vielleicht war ihre Nervosität vor öffentlichen Auftritten der Grund, dass sie nur noch im kleinen Kreis auftrat, vor allem bei von ihrem Mann organisierten Veranstaltungen, und ansonsten eine gefragte Klavierlehrerin in Leipzig war.

Das Ehepaar Brendel lebte in der heutigen Kreuzstraße 18. Sie hatten viele Gäste, um deren Wohl sich Elisabeth kümmerte. Zu den Freunden zählte neben Franz Liszt und Richard Wagner auch Hans von Bülow. Eine besonders nahe Freundin war Louise Otto-Peters. Diese kannte Franz Brendel von Dresden her, wo er sie 1844 für eine Vortragsreihe über "weibliche Pädagogik, Physiologie und Psychologie" gewinnen wollte. Obwohl sie ablehnte, blieb die freundschaftliche Verbindung zu Brendel bestehen und erweiterte sich dann auch auf Elisabeth. Otto-Peters arbeitete zeitweilig an der "Neuen Zeitschrift für Musik" mit, ebenso räumte Franz Brendel ihr Platz für Beiträge in den "Anregungen für Kunst, Leben und Wissenschaft" ein. Als sie nach dem Scheitern der Revolution von 1848 polizeilich überwacht wurde, fand sie bei Brendels immer ein offenes Haus, wenn sie nach Leipzig kam.

Nach Louise Ottos Worten hätte man sich das Ehepaar Brendel "nicht getrennt denken" können. Elisabeth war stets bemüht, ihrem vielbeschäftigten Mann "einen Teil der Mühseligkeiten seines Berufes aus dem Weg zu räumen". Brendels pflegten einen Salon, der einer der wenigen war, "in denen Kunst nicht zur Unterhaltungssache heruntergewürdigt wurde". Elisabeth sei die "aufmerksamste und geistreichste Gesellschafterin" gewesen.1 Bei Brendels hatten vor allem junge Talente Zutritt, und es wurden zeitgenössische Kompositionen gespielt. Das waren Gelegenheiten, bei denen auch Elisabeth und Franz Brendel am Klavier auftraten.

Vom 15. bis 18. Oktober 1865 tagte in Leipzig die erste gesamtdeutsche Frauenkonferenz, an der Elisabeth Brendel teilnahm. Sie wurde Gründungsmitglied des "Allgemeinen deutschen Frauenvereins".

Zu Freiberg, wo der Vater Franz Brendels lebte, hatten die Brendels eine enge Beziehung. Im Sommer hielten sie sich öfter dort auf. In Freiberg wurden beide auch in der Brendelschen Familiengruft begraben.

Elisabeth starb am 15. November 1866 in Leipzig, Franz am 25. November 1868 ebenfalls in Leipzig.

 

(Juni 2013)

 

1 Leipziger Lerchen, Herausgegeben von der Louise-Otto-Peters-Gesellschaft e.V. Leipzig, 3. Folge, S. 10ff

 

 

 

 

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