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  Ute Tartz


Margarete Bäumer

 

 

Margarete Bäumer war eine der großen dramatischen Sopranistinnen und eine der bedeutendsten Wagner-Sängerinnen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. 1933 kam sie nach Leipzig und wurde erste hochdramatische Sopranistin am Opernhaus.

Geboren wurde sie am 25. Mai 1898 in Düsseldorf. Sie zeigte schon früh Interesse für Musik und Theater. In Düsseldorf und Köln ließ sie ihre Stimme ausbilden, wobei sie das Geld dafür als Bürokraft verdienen musste.
1920 debütierte sie in Wuppertal. Weitere Engagements zunächst im Lyrisch-Jugendlichen Fach waren 1923-24 am Opernhaus Düsseldorf, 1924-25 am Stadttheater Zürich, 1925-28 an der Staatsoper Stuttgart, 1928-31 nun für dramatische Partien an der Städtischen Oper Berlin. 1930 nahm sie an einer einjährigen Nordamerika-Tournee mit der German Opera Company teil. 1931-32 war sie am Stadttheater Nürnberg, 1932-33 am Nationaltheater Mannheim engagiert, ab 1933 dann in Leipzig. Zugleich war sie 1934-37 an der Staatsoper von München und auch am Opernhaus von Breslau engagiert.

Auf einem Festival anlässlich Wagners 50. Geburtstag in Leipzig sang Margarete Bäumer die Partie der Kundry im "Pasifal". Wegen ihrer überzeugenden Leistung wurde sie danach am Opernhaus Leipzig engagiert. Bis 1953 gehörte sie dem Leipziger Opernensemble an, wo sie schnell zum Publikumsliebling wurde.

Im Herbst 1960 erzählte sie auf einer Veranstaltung im Alten Rathaus zur Einweihung des neuen Opernhauses über ihr Leben: "Ich kam im September 1933 nach Leipzig, und hier habe ich eigentlich erst die restlose Erfüllung meiner künstlerischen Wünsche gefunden. Ich sang die Brünnhilde im "Ring des Nibelungen", die Isolde im "Tristan". Aber nicht nur die großen Wagner-Partien gehörten hier zu meinem Repertoire, ich sang auch die Marschallin im "Rosenkavalier", die Elektra und einen Teil des Zwischenfachs, so die Tosca, die Santuzza. 1935 holte mich Karl Böhm nach Dresden. Als Gast sang ich an der Semperoper die Isolde. Zahlreiche Gastspiele führten mich in jenen Jahren an die ersten Opernhäuser Frankreichs, Belgiens, Italiens und der Schweiz. Daß ich trotzdem meinem Leipziger Publikum immer treu geblieben bin, habe ich bis heute nicht bereut." 1

Über die Bombennacht am 3. Dezember 1943 berichtete sie: "Am 3. Dezember sang ich die Brünnhilde in der "Walküre". Nach dem 2. Akt gab es den ersten Alarm. … Der Abendspielleiter aber sagte: ‚Wir können weiterspielen. Es geht auf Berlin!' Wir brachten die Vorstellung unter großer Nervosität zu Ende. … Ich war kaum in meiner Wohnung, da ging es auch schon richtig los. … Es folgte die furchtbarste Nacht, die ich in meinem Leben nicht vergessen werde. Wir - die Künstler - hatten schon vorher ausgemacht: Wenn das Opernhaus getroffen wird, dann gehen wir zum Alten Theater. Und wenn das Alte Theater vernichtet ist, dann treffen wir uns am Schauspielhaus. Nun waren aber in dieser schrecklichen Bombennacht alle drei Theater zerstört worden. … Aber es mußte ja weitergehen. … Nachdem in der Stadt alles zerstört war, kam nur "Dreilinden" [heute "Musikalische Komödie" Dreilindenstraße - Anmerkung U.Tartz] in Frage. … Dreilinden wurde Interimstheater. Dort haben wir unter unmöglichen Bedingungen gearbeitet. Es war keine Heizung da. Wir probten in Trainingsanzügen oder im Pelzmantel. Am allerschlimmsten aber war der Weg nach Dreilinden. Es fuhr keine Straßenbahn. Ich wohnte damals am Ende des Poetenwegs, oben in Gohlis. Wie oft bin im Schneematsch von dort zu Fuß in das Theater gelaufen, hin und zurück. Erst heute kann man ermessen, was wir damals geleistet haben." 1

Margarete Bäumer war ab Mitte der 1930er Jahre ein internationaler, von der Presse weltweit gefeierter Starsopran. Ihre Karriere war durch eine ausgedehnte Gastspieltätigkeit gekennzeichnet. Neben ihren festen Engagements führten sie unzählige Gastspiele an die Opernhäuser Europas, meist in Wagner-Partien. Ihr Repertoire für die Bühne war sehr umfangreich. Neben Wagner-Partien wären Opern von Gluck, Mozart, Verdi, Puccini, Richard Strauss, Heinrich Pfitzner und Busoni zu nennen.
Ihre Stimme wird in der Fachwelt so charakterisiert: sowohl zu lyrischer Weichheit als auch zu stählerner, triumphierender, glockenartiger Höhe fähig.

Von 1954 bis 1967 wirkte sie als Professorin an der Musikhochschule in Leipzig. Sie trat aber auch weiterhin als Sängerin auf, in Leipzig zuletzt 1963 in der "Götterdämmerung".

1959 wurde sie zum Ehrenmitglied der Oper Leipzig ernannt.

1967 übersiedelte Margarete Bäumer in die Bundesrepublik Deutschland nach Inning am Ammersee. Wenig später, im Dezember 1969, verstarb sie dort.

 

(Februar 2016)

 

1 Leipziger Blätter Nr. 26/1995

 

 

 

 

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