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  Undine Jung


Clara Schumann

 

 

Friedrich Wieck, Claras Vater, hatte sich als Instrumentenhändler, Klavierlehrer und Besitzer einer musikalischen Leihbibliothek um 1815 in Leipzig nieder gelassen. Hier wurde Clara Josephine am 13.9.1819 geboren. Ihre Mutter Marianne, eine Schülerin Wiecks, war eine begabte Pianistin und Sängerin. 1924 zerbrach die Ehe, und die Mutter ging mit Clara und dem jüngeren Sohn nach Plauen. Die zwei älteren Brüder blieben beim Vater. Nach dem damaligen Rechtsverständnis wurde Clara kurz nach ihren 5. Geburtstag in die Obhut des Vaters gegeben. Der Kontakt zur Mutter brach ab, und erst im 9. Lebensjahr kam eine Stiefmutter in ihr Leben, zu der sie niemals eine innere Bindung fand. Die problematische Ehesituation hat sicher mit dazu beigetragen, dass Clara erst spät sprechen lernte, so dass bei den Eltern die Vermutung aufkam, sie höre schwer.

Ihr Vater hatte das ehrgeizige Lebensziel, Clara zu einer bedeutenden Virtuosin heranzubilden. Bekannt waren seine brillanten und erfolgreichen Unterrichtsmethoden, aber auch seine Härte und Maßlosigkeit beim Verfolgen seiner Ziele. Im Herbst 1824 begann für Clara das tägliche Üben am Klavier. Ohne dass sie Noten lesen konnte, ließ der Vater sie kleine, selbst komponierte Stücke nachspielen. Eine öffentliche Schule besuchte sie nur kurzzeitig, danach übernahm der Vater die Lehrtätigkeit selbst. Üben am Klavier, Lesen in "ihrem" Tagebuch, Abschreibeübungen und Spaziergänge an der frischen Luft waren das tägliche Programm für Clara - für kindliches Spiel blieb keine Zeit. Der Vater begann schon frühzeitig ein Tagebuch in der Ich-Form zu führen, als wäre Clara selbst die Autorin. Das erklärt Tagebucheinträge der erst Neunjährigen wie beispielsweise:

"Mein Vater, der längst schon vergebens auf eine Sinnesänderung von meiner Seite gehofft hatte, bemerkte heute nochmals, dass ich immer noch so faul, nachlässig, unordentlich, eigensinnig, unfolgsam etc. sei, dass ich dies namentlich auch im Klavierspiel sei, und weil ich Hüntens neue Variationen op. 26 in seiner Gegenwart so schlecht spielte, … so zerriß er das Exemplar vor meinen Augen, und von heute an will er mir keine Stunde mehr geben und ich darf nichts weiter spielen als die Tonleitern, Cramers Etüden und Czernys Trillerübungen".1

Neben Gesangsunterricht und Instrumentation erhielt sie Theorieunterricht, u.a. vom Thomaskantor Weinlig.
Wiecks Hang, Clara zu kontrollieren, nahm später nahezu tyrannische Züge an, als es darum ging, sie von Robert Schumann fernzuhalten.
Nach 5 Jahren intensivsten Übens, am 20. Oktober 1829, trat sie zum ersten Mal, zusammen mit einer anderen Schülerin, öffentlich auf. Die Leipziger "Allgemeine Musikalische Zeitung" schrieb:
"In demselben Konzerte war es uns noch besonders angenehm, die erst neunjährige, mit vielen Musikanlagen ausgestattete Clara Wieck vierhändige Variationen über einen Marsch aus ‚Moses' von Kalkbrenner, mit allgemeinem und verdientem Beifalle vortragen zu hören. Unter der Leitung ihres musikerfahrenen, die Kunst des Pianofortespiels wohl verstehenden und dafür mit Liebe sehr tätigen Vaters dürfen wir von ihr die größten Hoffnungen hegen."1

Als Komponistin war sie auch sehr früh tätig. Die Quatre Polonaises op. 1 wurden veröffentlicht, als Clara zehn oder elf Jahre alt war. Es folgten Caprices en forme de Valse, Valses romantiques, Quatre Pièces Caractéristiques, Soirées Musicales, ein Klavierkonzert und vieles mehr.

Clara kannte Robert Schumann schon als Kind, da er als Zwanzigjähriger eine Zeit lang bei den Wiecks wohnte und bei Claras Vater Unterricht nahm. Clara himmelte ihn an- er erzählte ihr und ihren Brüdern selbst erfundene Märchen Als sie 16 Jahre alt war, kamen sie sich näher. In seinem Werk setzte er ihr mit dem Stück Chiarina ein Denkmal. Wieck untersagte jeden Kontakt, er wollte seine Clara dem mittellosen jungen Mann nicht zusprechen, zumal dieser keinen Beruf hatte und nicht einmal mehr Pianist werden konnte, weil eine Verletzung des Mittelfingers der rechten Hand diese Karriere vorzeitig beendet hatte. Dies erreichte Wieck zunächst dadurch, dass er Clara für zahlreiche Konzerttourneen verplante. Zudem überwachte er sie fast rund um die Uhr; entzog ihr vielleicht sogar die Tinte, damit sie nicht schreiben konnte. Claras heimliche Briefe offenbaren ihre Not:

"Nimm mir nur nicht übel, dass ich so fürchterlich schlecht geschrieben, doch stelle dir vor, dass ich stehe und das Blatt auf der Kommode liegt, worauf ich schreibe. Bei jedem Mal eindunken in das Tintenfass lauf ich in die andere Stube."1

Und ein anderes Mal:

"Ich bitt dich, sei mir nicht böse, dass der Brief so kurz wird, doch denke, es ist 10 Uhr und ich schreibe voll Herzensangst stehend in meiner Kammer."1

Im September 1839 reichten Robert und Clara schließlich beim Gericht in Leipzig Klage ein, um eine Eheschließung zu erzwingen, der im August 1840 durch das Gericht stattgegeben wurde. Die ersten vier Ehejahre lebte das Paar in Leipzig. Auf seine Bitte hin schränkte Clara das Klavierüben ein - Robert konnte sich sonst nicht auf das Komponieren konzentrieren. Sie las Goethe, Shakespeare und Jean Paul und studierte intensiver als bisher neben den Werken ihres Mannes Ludwig van Beethoven, Johann Sebastian Bach und Frédéric Chopin. Erst, als das Paar in Dresden eine größere Wohnung bezog, konnte Clara in einem abgeschiedenen Zimmer wieder ihrem Klavierspiel nachgehen. Außerdem sollte Clara sich mehr der Komposition widmen, denn ihm erschien die sich auf Virtuosität und Bravour beschränkende Art der romantischen Kompositionen nicht ernst genug. Im Zeitraum von 1841- 1854 gebar sie 8 Kinder, deren Betreuung sie, wie damals üblich, nicht selbst übernahm. Sie ging auch wieder auf Konzertreisen, zum einen besserte sie damit das Haushaltsbudget nicht unerheblich auf, zum anderen trug sie zum Ruhm ihres Mannes als Komponist bei.

1850 siedelte die Familie Schumann nach Düsseldorf über, da Schumann eine Stelle als Musikdirektor angeboten bekam. Anfang 1854 erreichte Roberts Erkrankung ihren Höhepunkt. In wachsendem Maße hatte Schumann "Gehöraffektionen" bis hin zu Halluzinationen entwickelt, die in einen Selbstmordversuch mündeten. Er wurde am 4. März 1854 in die Nervenheilanstalt Endenich bei Bonn eingeliefert, wo er 1856 starb. Seine Erkrankung war eine Folge einer zuvor erworbenen Syphilis. Clara war zu jener Zeit mit ihrem jüngsten Sohn Felix schwanger und floh mit den Kindern zu einer Freundin. Ärzte rieten ihr dringend davon ab, ihren Mann in seinem beklagenswerten Zustand "so zu sehen".


 
Clara Schumann 1878
Gemälde von Franz von Lenbach 1878/79
 

Den vierzehn Jahre jüngeren Johannes Brahms lernte Clara 1853 kennen und schätzen. Schon bald nach der Einlieferung Schumanns in die Nervenheilanstalt im Jahr 1854 intensivierte sich der Kontakt zwischen Clara und Brahms. Fest steht, dass Brahms in Clara verliebt war; zahlreiche Briefe zeugen davon.

"Meine geliebte Clara, ich möchte, ich könnte dir so zärtlich schreiben, wie ich dich liebe, und so viel Liebes und Gutes tun, wie ich dir's wünsche. Du bist mir so unendlich lieb, dass ich es gar nicht sagen kann. In einem fort möchte ich dich Liebling und alles mögliche nennen, ohne satt zu werden, dir zu schmeicheln. (…) Deine Briefe sind mir wie Küsse."1

 

1863 siedelte Clara nach Baden-Baden über und ging wieder auf Konzertreisen in Deutschland und Europa, wo sie als virtuose Pianistin gefeiert wurde. Im Jahr 1878 wurde sie zur "Ersten Klavierlehrerin" des neu gegründeten Dr. Hoch's Konservatoriums in Frankfurt am Main berufen. Sie betätigte sich als Herausgeberin der Werke von Robert Schumann und veröffentlichte eine Reihe seiner Schriften. Ihr letztes Konzert gab sie am 12. März 1891 im Alter von 71 Jahren. Am 26. März 1896 erlitt Clara einen Schlaganfall und starb wenige Monate später im Alter von 76 Jahren. Ihrem Wunsche gemäß wurde sie in Bonn auf dem Alten Friedhof neben ihrem Mann beigesetzt.

 

(Oktober 2010)

 

1 http://de.wikipedia.org/wiki/Clara_Schumann

 

 

 

 

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