Ute Tartz
Elisabeth Voigt
Elisabeth Voigt war Malerin, Holzschneiderin, und Lithographin. Einen Großteil ihres Lebens verbrachte sie in Leipzig. Sie lehrte 12 Jahre lang an der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst.
Am 5. August 1893 wurde sie in Leipzig als Tochter des Chemikers und Fabrikanten Karl Hermann Voigt geboren.
Nach dem Besuch von Privatschulen in Leipzig und Philadelphia studierte sie 1920-1922 an der Königlichen Akademie für graphische Künste und Buchgewerbe in Leipzig, die nach der Auflösung des Königreiches Sachsen den Namen Staatliche Akademie für Graphische Künste und Buchgewerbe führte.
1923-1929 setzte sie das Studium an der Hochschule für bildende Künste in Berlin-Charlottenburg fort, wo sie zwei Jahre lang
Atelierschülerin des expressionistischen Malers und Direktors der Hochschule Karl Hofer war. Von 1929-1934 war sie Meisterschülerin von Käthe Kollwitz. Die Schüler Elisabeth Voigts verstehen sich deshalb als "künstlerische Enkel" von Käthe Kollwitz.1
Zusätzlich arbeitete sie von 1930 bis 1933 als Bühnenbildnerin am Alten Theater in Leipzig.
Berlin blieb aber bis 1945 ihr Wohnsitz.
1921 hatte sie ein Liebermannstipendium gewonnen, das sie für zwei Italienaufenthalte 1927 und 1929 nutzte.
1934/35 erhielt sie ein Romstipendium der Preußischen Akademie der Künste in Berlin an der Villa Massimo.2
Sie war von 1932 bis 1942 Mitglied im Verein der Berliner Künstlerinnen, wobei sie 1935 auch Lehrerin für graphische Techniken an der Zeichen- und Malschule des Vereins war.
Seit 1935 arbeitete sie freischaffend in Berlin.
Ab 1936 folgten Sommeraufenthalte in Osttirol, die durch einen Kreis von Freunden und Förderern ermöglicht wurden. In dieser Zeit entstanden wesentliche Werke im Bereich der Malerei.
1937 nahm sie an der nationalsozialistischen Großen Deutschen Kunstausstellung im Haus der Kunst in München mit der 9-teiligen Holzschnittfolge zu Herman Löns "Werwolf" teil.
In den letzten beiden Kriegsjahren wurde ihr Berliner Atelier bei Bombenangriffen zerstört, und große Teile ihres bisherigen Schaffens gingen verloren.
1945 kehrte sie nach Leipzig zurück. 1946 wurde sie als Professorin an die Akademie für graphische Künste und Buchgewerbe (die spätere Hochschule für Grafik und Buchkunst) berufen. Sie erhielt einen Lehrauftrag für das Grundstudium, später auch für das Fachstudium.
1952-1958 war sie außerdem Lehrbeauftragte am Institut für Kunsterziehung der Universität Leipzig.
1958 erfolgte ihre Emeritierung. Danach war sie freischaffend in Leipzig tätig und lebte sehr zurückgezogen.
1953 war sie sie in ideologische Auseinandersetzungen geraten, den sogenannten Formalismusstreit der DDR.3
Bei der 3. Deutschen Kunstausstellung 1953 in Dresden, der sie sich verweigert hatte, fand keines der Werke bedeutender bildender Künstler Deutschlands Gnade vor den Augen der Jury. Den Künstlern war demonstriert worden, dass sie die führende Rolle der SED auch in ästhetischen Fragen zu akzeptieren hatten, wenn sie erfolgreich arbeiten wollten. Alle bis dahin geachteten Künstlerkollegen wurden für Jahre ins Abseits gedrängt. Elisabeth Voigt sah es 1958 als ihre moralische Pflicht an, aus dem Verband Bildender Künstler auszutreten. Erst 20 Jahre später widerfuhr ihr durch den damaligen Präsidenten des Verbandes, Willi Sitte, Gerechtigkeit, und ihr wurde die Ehrenmitgliedschaft verliehen. Für sie kam die Rehabilitierung allerdings zu spät, denn drei Jahre darauf, am 1. November 1977, starb sie in Leipzig. Sie wurde auf dem Leipziger Südfriedhof beigesetzt.
Um sich ein Bild von dem Menschen Elisabeth Voigt zu machen, sei hier eine Charakteristik ihres Schülers Arnd Schultheiß zitiert: "Ihre Hände: fast männlich. Ihr Schritt: energisch. Ihr Wesen: widerspruchsvoll. Sanftheit und Energie, Zartheit und Kraft bündelten sich in dieser klugen Frau und wissenden Künstlerin, also in einem Menschen, dem man nicht ein X für ein U setzen konnte." 4
Elisabeth Voigts Werke:
Vanitas 1950, Museum der bildenden Künste Leipzig |
Kreidezeichnungen, Ölgemälde und Aquarelle finden sich in ihrem Werk.
In den 1950er Jahren setzte sie sich mit historischen und in den 1960er Jahren mit religiösen Themen auseinander.
Drei Trommler, Weckruf 1947/48 Museum der bildenden Künste Leipzig |
Museen und Sammlungen im In- und Ausland besitzen ebenfalls Werke von Elisabeth Voigt, z.B. die Staatliche Galerie Moritzburg Halle, das Lindenau-Museum Altenburg, das Herzog-Anton-Ulrich-Museum Braunschweig, das Folkwang-Museum Essen.
Elisabeth Voigt erhielt zahlreiche Auszeichnungen:
- 1933 Dürerpreis der Stadt Nürnberg für Holzschnitte zum Dreißigjährigen Krieg
- 1934 Rompreis der Deutschen Akademie der Künste, mit Aufenthalt in der Villa Massimo Rom 1934/35
- 1937 Gold- und Silbermedaille der Internationalen Kunstausstellung zur Weltausstellung in Paris
- 1940 Graphikpreis der Stadt Berlin
- 1941 Bronzemedaille der Deutschen Graphikausstellung in Madrid
- 1943 "Premio Cremona" im Wettbewerb italienischer und deutscher Künstler
Seit Januar 2010 gibt es in Kagel bei Berlin den Kunstverein "Elisabeth Voigt" e.V., der das künstlerische Erbe von Elisabeth Voigt bewahren sowie ihr Leben und Werk unter Einbeziehung ihrer Lehrer und Schüler, zu denen auch so berühmte wie Werner Tübke und Wolfgang Mattheuer gehörten, wissenschaftlich aufarbeiten will. Das Gründer-Ehepaar Abet lernte Elisabeth Voigt in den 1970er Jahren persönlich kennen und will verhindern, dass sie in Vergessenheit gerät.
(August 2011)
1 Flyer zur Ausstellung "Mutter Courage und ihre Kinder" vom 3. März - 13. April 2011 in Berlin-Lichtenberg
2 1910 stiftete der Industrielle und Kunstmäzen Eduard Arnhold dem preußischen Staat ein Parkgrundstück aus dem ehemaligen Besitz der Fürstenfamilie Massimo, um Künstlern, die mit dem "Rom-Preis" der Preußischen Akademie der Künste in Berlin ausgezeichnet worden waren, geeignete Wohn- und Arbeitsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen.
Durch einen einjährigen Studienaufenthalt in der Villa Massimo wird außergewöhnlich qualifizierten und begabten Künstlern der Sparten Bildende Kunst, Architektur, Literatur und Musik die Möglichkeit gegeben, sich künstlerisch weiterzuentwickeln.
3 Phase der Kulturdebatte Anfang der 1950er Jahre in der DDR, die eine klare Abgrenzung der DDR-Kunst vom "westlich-dekadenten Kunstbetrieb" zum Ziel hatte.
4 Katrin Löffler; Iris Schöpa; Heidrun Sprinz: Der Leipziger Südfriedhof. Edition Leipzig, Berlin 2004, S. 49