Bürgerkriegsflüchtlinge aus Griechenland und Strategien der Verteilung zu Beginn des Kalten Krieges

Stefan Troebst (SFB 1199, GWZO & Leipzig U)

Abstract

Die Niederlage des republikanischen Lagers und seiner “Demokratischen Armee” im Griechischen Bürgerkrieg der Jahre 1946-1949 resultierte in Flucht und Vertreibung von ca. 100.000 prokommunistische Kombattanten und Zivilisten, darunter ca. 30.000 Kinder und Jugendliche, in die Nachbarstaaten Albanien und Bulgarien. Das in Budapest ansässige Zentralkomitee für Flüchtlinge (KEPPE) der Griechische Kommunistische Partei im Exil (KKE) organisierte in Koordination mit sowjetischen Stellen die Verteilung der Flüchtlinge auf die UdSSR, die neuen Volksdemokratien Polen, Tschechoslowakei, Ungarn, Rumänien, Albanien und Bulgarien sowie die Sowjetische Besatzungszone Deutschlands (SBZ). Offiziere und Unteroffiziere wurden mehrheitlich in der Usbekischen Sowjetrepublik angesiedelt, Mannschaften und Zivilpersonen in den Volksdemokratien, Kinder und Jugendliche ebenfalls dort sowie in der SBZ/DDR. Von den Flüchtlingslagern in Bulgarien aus erfolgte die Verteilung per Bahn nach Sachsen, Mähren, in die Puszta und in die Walachei, von denen in Albanien aus per Schiff über Mittelmeer, Nord- und Ostsee nach Pommern und Niederschlesien. Während über die Entscheidungsprozesse bei der Verteilung der Flüchtlinge nur wenig bekannt ist, ist deutlich erkennbar, dass jedes Aufnahmeland eigene Strategien im Umgang mit den Zwangsmigranten, die je zur Hälfte slavophone Makedonier und griechischsprachige Hellenen waren, entwickelte. Währen die Erstgenannten ab 1958 die Möglichkeit zur Übersiedlung nach Jugoslawien nutzen konnten, bot erst der PASOK-Wahlsieg von 1981 den Letztgenannten die Option einer Rückkehr nach Griechenland.

Biographical Note

Stefan Troebst (SFB 1199, Leibniz Institute for the History and Culture of Eastern Europe (GWZO) & Global and European Studies Institute, Leipzig University, Germany)
Stefan Troebst ist Historiker und Slavist sowie seit 1999 Professor für Kulturgeschichte des östlichen Europa an der Universität Leipzig. Am dortigen Global and European Studies (GESI) Institute leitet er das Masterprogramm “European Studies” und fungiert überdies als stellvertretender Direktor des ebenfalls in Leipzig ansässigen Leibniz-Institut für Geschichte und Kultur des östlichen Europa (GWZO). Eines seiner Forschungsfelder ist die Geschichte der Osthälfte Europas im Kalten Krieg.