Jenseits von Afrika? Über das deutsch-afrikanische Verhältnis in Gegenwart und Vergangenheit

SFB 1199 (Leipzig U), European Network in Universal and Global History & Centre for Area Studies (Leipzig U)

Das deutsche Afrikabild wird vor allem von einer dramatischen Krisenrhetorik bestimmt: Flüchtlingsströme, Epidemien, Kriege. Nicht nur den Machern von Kinderatlanten entgeht dabei häufig, dass „Afrika“ kein Land ist, in dem vor allem Elefanten und Löwen leben, sondern ein riesiger Kontinent mit dutzenden von Staaten und einigen der größten Städte der Welt. Und die Äußerung des Afrikabeauftragten der Bundesregierung, dass der Kalte Krieg Afrika mehr geschadet habe als die Kolonialzeit, hat eher in der kleinen Gemeinschaft von Spezialisten für Aufruhr gesorgt, denn für eine breite gesellschaftliche Debatte.
Die deutsch-afrikanische Gegenwart ist jedoch geprägt von einer langen gemeinsamen Geschichte. Wie sich diese in vielschichtigen Verflechtungen in der Gegenwart niederschlägt, ist das zentrale Thema des vorzustellenden Bandes. Für diesen hat der Autor Henning Melber eine Gruppe exzellenter Afrikaspezialisten zusammengeführt, um faktenreich und gut zugänglich einen Überblick über die aktuelle deutsche Afrikapolitik zu geben und gleichzeitig historisch einzubetten. Von Entwicklungszusammenarbeit und Friedens- und Sicherheitspolitik, über Klimawandel und Energie, Migration und Wirtschaft bis hin zu Museen und Erinnerungspolitik werden zentrale Themen ausführlich und aufschlussreich beleuchtet.

Der Band Deutschland und Afrika – Anatomie eines komplexen Verhältnisses (Frankfurt am Main: Brandes & Apsel 2019) problematisiert auf diese Weise eine weit verbreitete koloniale Amnesie und Aphasie (Melber) und will dagegen Sprachfähigkeit für die Gegenwart herstellen. Und er zeigt: Das deutsche Afrika liegt sowohl in Namibia oder Kamerun als auch in der Bundesrepublik.


Der Autor:
Henning Melber ging als Jugendlicher Ende der sechziger Jahre von Deutschland nach Namibia und engagierte sich dort in der antikolonialen Befreiungsbewegung. Später studierte er an der Freien Universität Berlin und promovierte und habilitierte sich an der Universität Bremen. Von 1992 bis 2000 leitetet er den Namibian Economic Policy Research Unit in Windhoek, war anschließend Forschungs­direktor am Nordic Africa Institute in Uppsala und Direktor der dortigen Dag Hammmarskjöld Stiftung. Er ist Professor an den Universitäten in Pretoria und Free State in Bloemfontein sowie Präsident der European Association of Development Research and Training Institutes (EADI).

Der Moderator:
Ulf Engel ist Professor für Politik in Afrika an der Universität Leipzig, Gastprofessor an der Universität Addis Abeba und Außerordentlicher Professor an der Universität Stellenbosch. Neben zahlreichen Publikationen zu Friedens- und Sicherheitspolitik sowie Regionalismen in Afrika veröffentlichte er auch Die Afrikapolitik der Bundesrepublik Deutschland 1949-1999.

„Druckfrisch. Globalisierungsstudien und europäische Geschichte“ ist eine Veranstaltungsreihe des European Network in Universal and Global History und des Centre for Area Studies der Universität Leipzig. Gerichtet an eine interessierte Öffentlichkeit in und außerhalb der Universität bietet die Reihe seit 2012 ein Forum für Neuerscheinungen in den Bereichen der Globalisierungs- und regionalwissenschaftlichen Studien.

Wir möchten Sie zu dieser Veranstaltung und dem anschließenden Empfang herzlich einladen und freuen uns, wenn Sie uns über Ihre Teilnahme kurz informieren würden.