Aus der Geschichte der Endoskopie - Speculum

Specula, also Instrumente zum Betrachten des Körperinnern, sind sehr alt. So wurde beispielsweise Mitte des 18. Jahrhunderts bei Ausgrabungen in Pompeji eine Vielzahl von Instrumenten eines Arztes gefunden. Er hatte im Jahre 79 beim Ausbruch des Vesuv mit vielen anderen Menschen den Tod gefunden. Zu seinen Gerätschaften gehörten auch zwei Vaginal- und ein Analspeculum.



Abb. 1:
Bronzene und eiserne Chirurgie- und Gynäkologie-Instrumente aus dem "Haus des Chirurgen" (um 62-79), Pompeji


Abb. 2:
Casa del Chirurgo. Rekonstruktionsversuch aus der Vogelschau
Ihre Form änderte sich über Jahrhunderte kaum. Hanns von Gersdorff (zwischen 1450/1460-1529), Wundarzt und Feldscher, bildete in seinem "Feldtbuch der Wundartzney" (1517/18) ein Speculum ab und nannte als Funktion "den affter oder gepurtgelider der frawen zu öffnen".
Knapp 100 Jahre später sieht man bei Johannes Scultetus (1595-1645) einen "Mutterspiegel", der ähnlich konstruiert ist.



 Abb. 3:   Speculum, 1497             Abb. 4:   Speculum, 1679


Heute gebräuchliche Specula weisen eine vergleichbare Form auf, wobei sie den anatomischen Verhältnissen wesentlich besser Rechnung tragen und sich die Werkstoffe und die technischen Voraussetzungen ihrer Herstellung geändert haben.

Abb. 5:
Scheidenspeculum nach Segond, 19. Jahrhundert


Specula sind in früheren Zeiten wie heute in den verschiedensten medizinischen Disziplinen anzutreffen. Immer, wenn es um das genauere Hineinblicken in Körperöffnungen ging, kamen sie zum Einsatz. In der Zahnheilkunde, aber auch Hals-Nasen-Ohrenheilkunde wurden Mundspecula benutzt, die vor allem dem Aufsperren des Mundes dienten. So konnte man in den Innenraum des Rachens und in den Hals blicken.



Abb. 7:    Mundsperrer nach Scultetus, 1679



Abb. 6:
Mundspeculum mit vollem Gaumenblatt, 17. Jahrh.


Scultetus berichtete 1679 von einem
"... Mundstuck ... vermittelst dessen/ nicht nur ... die Zunge nidergetrucket/ sondern auch der untere Kinnback auffgesperret/ und so lang offen erhalten wird/ biß der Chirurgus den leidenden Theil/ zur gnügen besichtiget/ und entweder seine Instrumenta gebrauchet/ oder aber dem Patienten/ die nothwendige medicamenta adhibirt hat."
Auch eine andere Verwendung finden wir bei ihm: "Es ist aber insonderheit darumb gemacht worden/ daß man darmit den jenigen/ welche da hefftig toben/ und nichts zu sich nehmen wollen/ den Mund gewaltsamer weiß auffsperren/ und so lang auffgesperrt erhalten solle/ biß sie die allgemach eingegossene Speisen und Getränck hinab geschlucket haben." (Scultetus, J.: Wund-Artzneyisches Zeug-Hauß/übers. v. A. Megerlin. Frankfurt/M. 1679, S. 103).

Abbildungsnachweis:
Abb. 1:   Lyons, A.S., Petrucelli, R. J.: Die Geschichte der Medizin im Spiegel der Kunst. Köln 1980, S. 233
Abb. 2:   Eschebach, Hans: Die Arzthäuser in Pompeji. Antike Welt 15 (1984), S. 7
Abb. 3:   Gersdorff, Hans v.: Feldtbuch der Wundartzney. (Straßburg 1517/18), S. XLIIII
Abb. 4:   Scultetus, J.: Wund-ArtzneyischesZeug-Hauß/übers. v. A. Megerlin. Frankfurt/M. 1679, Tab. XXII
Abb. 5:   Medizinhistorische Sammlung Karl-Sudhoff-Institut, Inv.-Nr. 1119
Abb. 6:   Medizinhistorische Sammlung Karl-Sudhoff-Institut, Inv.-Nr. 0185
Abb. 7:   Scultetus, J.: Wund-ArtzneyischesZeug-Hauß/übers. v. A. Megerlin. Frankfurt/M. 1679, Tab. XI
Ausgestellte Objekte:
 
 
Mutterspiegel, dreiteilig
(Nachbildung), 1. Jahrhundert
Analspeculum,
(Nachbildung), 1. Jahrhundert
Mutterspiegel, dreiteilig,
17. Jahrhundert
 
Scheidenspeculum mit zweiteiligem Bleirohr und Sägeschloss,
18. Jahrhundert
Scheidenspeculum nach Segond,
19. Jahrhundert
Scheidenspeculum nach Cusco mit umlegbarem Griff,
19. Jahrhundert
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