Aus der Geschichte der Geburtshilfe - Geburtszangen

Geburtszangen wurden zunächst nur zum Herausziehen von toten Kindern eingesetzt. Peter Chamberlen (1601-1683) nahm als erster dieses Instrument zu Hilfe, um ein lebendes Kind zu entbinden. Die Zange bestand aus zwei gekreuzten geraden Armen mit ungefensterten Löffeln. Die Arme waren mit einer Schraube fest verbunden, wodurch die Zange in geschlossenem Zustand eingeführt und dann geöffnet werden musste. Aus finanziellen Gründen wurde die Konstruktion des geburtshilflichen Instruments lange geheimgehalten.
Wichtige Veränderungen waren seit der Chamberlen-Zange zunächst eine Schlosskonstruktion, die nicht mehr fest war, sondern die Einführung der einzelnen Arme ermöglichte, die dann im Geburtskanal zusammengefügt werden konnten.



Abb. 1:    Zange nach Gregoire, 18. Jahrhundert

Einen ersten Schritt bedeutet dabei das Schloss der Zange von Gregoire d. J., das aus einem Arm mit Stift und einem Arm mit Schieber und Furchen besteht (Achsenstiftschloss) und nach dem Einführen zusammengefügt werden sollte. Dieser Schlosstyp, der vor allem in Frankreich weit verbreitet war, blieb bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts vorherrschend.

Weiterentwickelt wurde er von Dietrich Wilhelm Heinrich Busch (1788-1858). Seine Zange stammt aus den dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts. Ihr Schloss ist mit einem eingeschlagenen Stift an einem und einer Aussparung am anderen Arm konstruiert. Jetzt konnten beide Arme im Gebärkanal wesentlich einfacher verbunden werden. Diese Zange wird noch heute benutzt, ebenso wie die Zange nach Franz-Carl Naegele (1778-1851) mit "deutschem Schloss", einer Verbindung, die aus einer Achse mit rundem Kopf auf einem Arm und einer keilförmigen Aussparung auf dem anderen besteht.



Abb. 2:    Zange nach Busch, 19. Jahrhundert



Abb. 3:    Detail: Schloss

Mit dem Einzug der Zange in die Geburtshilfe ist auch der Einzug der Mediziner in dieses bislang den Hebammen überlassene Gebiet verbunden. Die "weisen Frauen" durften sich dieses und anderer Instrumente nicht bedienen. In der wissenschaftlichen Medizin wuchs die Kenntnis von der Anatomie der Frau und der Physiologie des Geburtsvorganges. Entsprechendes Instrumentarium wurde konstruiert und eingesetzt, etwa Beckenzirkel oder Uterusdilatatoren zur Erweiterung der Gebärmutter. Geburtshilfliche Bestecke beinhalteten die notwendigen Gerätschaften, die der Arzt mitführte, wenn er zu einer Geburt in die Wohnung gerufen wurde.
Abbildungsnachweis:
Abb. 1: Medizinhistorische Sammlung Karl-Sudhoff-Institut, Inv.-Nr. 0462
Abb. 2: Medizinhistorische Sammlung Karl-Sudhoff-Institut, Inv.-Nr. 0463
Abb. 3: Medizinhistorische Sammlung Karl-Sudhoff-Institut, Inv.-Nr. 0463
Ausgestellte Objekte:
 
 
Beckenzirkel nach Baudeloque,
19. Jahrhundert
Geburtshilfliches Besteck in Ledersack,
Mitte 19. Jahrhundert
Geburtszange nach Naegele,
19. Jahrhundert
 
Geburtshilfliches Besteck in Lederhülle,
Anfang 20. Jahrhundert
Uterusdilator,
20. Jahrhundert
Geburtszange nach Kielland,
20. Jahrhundert
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