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  Ute Tartz


Constanze Hallgarten

 

 

Constanze Hallgarten war eine deutsche Pazifistin und Frauenrechtlerin. Geboren wurde sie als Constanze Wolff am 12. September 1881 in Leipzig in großbürgerlichen Verhältnissen als ältestes von drei Kindern. Ihre Mutter war die Malerin Philippine Wolff-Arndt.

Constanze besuchte in Leipzig die 1875 gegründete Servièresche Höhere Mädchenschule in der Sebastian-Bach-Straße 9, die eine für damalige Verhältnisse bestmögliche humanistische Ausbildung für Mädchen anbot.

1900 heiratete sie den Privatgelehrten, Juristen und Germanisten Robert Hallgarten, der ein Sohn des deutsch-amerikanischen Bankiers und Sozialreformers Charles Hallgarten war. Aus der Ehe gingen zwei Söhne hervor, der Historiker George W. F. Hallgarten und der Maler und Grafiker Richard Hallgarten, genannt Ricki. Die Familie Hallgarten besaß eine repräsentative Villa im Münchner Stadtteil Herzogpark. Nachbarn waren die Literatenfamilie Mann, die Familien des Dirigenten Bruno Walter und des Historikers Erich Marcks. Constanze Hallgarten war mit Katja Mann befreundet, Richard (Ricki) mit Erika und Klaus Mann. Befreundet war die Familie Hallgarten auch mit Ludwig Ganghofer.

Familie Hallgarten hatte keine finanziellen Sorgen, pflegte einen gehobenen Lebensstil. Trotzdem verfolgte Constanze die politischen Ereignisse, sie erkannte die sozialen Missstände vor dem Ersten Weltkrieg. Im München der 20er und 30er Jahre trat sie für die Gleichberechtigung und das Frauenwahlrecht ein. Das brachte ihr in ihren Kreisen den Ruf ein, exzentrisch zu sein.

Während des Ersten Weltkrieges betätigte sie sich karitativ. Anfänglichem Patriotismus folgte aber bald die Ernüchterung. Ab 1917 beteiligte sie sich am Aufbau der Münchner Ortsgruppe des "Internationalen Frauenausschusses für den dauernden Frieden", später "Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit" (IFFF). Von 1919 bis 1933 war sie deren Leiterin.
Nach dem Krieg war sie in München eine der führenden Frauen der Friedensbewegung.
Vor dem Nationalsozialismus warnte sie frühzeitig. Beim Hitlerputsch am 8./9. November 1923, bei dem Hitler durch einen bewaffneten Putsch die Regierung in Berlin absetzen und selbst die Macht in einer nationalen Diktatur erringen wollte, standen die Münchner Pazifistinnen auf den schwarzen Listen der zu Liquidierenden. Nur durch Zufall konnte Constanze Hallgarten der Verfolgung entgehen.
1931 gründete sie die deutsche Sektion des "Weltfriedensbundes der Mütter und Erzieherinnen", der schon bald 10 000 Mitglieder hatte. Eine weiße Taube auf blauem Grund war das Abzeichen des Bundes, das später zum Symbol der gesamten Friedensbewegung wurde.

Ihr mutiges Engagement brachte ihr scharfe Kritik bei bürgerlichen Konservativen, erst recht bei den Rechten ein. Sie wurde in der Presse scharf angegriffen. Beispielsweise schrieb der Schriftsteller Ludwig Thoma 1921 im Miesbacher Anzeiger: "Eine Frau Hallgarten, die schon seit 1918 politisch aus dem Maul stinkt… Diese hysterische Jüdin, die sogar kommunistischen Rotzbuben überlästig wurde…". Selbst von den ehemaligen Freunden wurde sie kritisiert. Thomas Mann stellte seine Besuche bei den Hallgartens ein, aber Tochter Erika schloss sich den Friedensfrauen an.

Persönliche Schicksalsschläge musste sie verkraften, als ihr Mann Robert Hallgarten 1924 an den Folgen einer Operation starb und sich 1932 der Sohn Richard, der unter Lebensangst und Zweifeln an seinem künstlerischen Talent litt, das Leben nahm.

Nach der Machtübernahme der Nazis wurden alle pazifistischen Gruppierungen verboten und ihre führenden Vertreter in "Schutzhaft" genommen. 1933 emigrierte Constanze Hallgarten nach einer Warnung mit ihrer 84-jährigen Mutter und ihrem Sohn Georg Wolfgang zunächst nach Zürich und dann nach Frankreich. Mit ihrer Mutter lebte sie in Paris. Von Marseille aus konnte sie 1941 ins amerikanische Exil emigrieren. 1955 kehrte sie nach München zurück, in ein Wohnstift am Stadtrand. Sie engagierte sich in der neu gegründeten Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit, wo sie bis zu ihrem Tod 1969 aktiv war.
Als sie zunehmend altersschwach wurde und zu erblinden drohte, nahm sie sich mit Schlaftabletten am 25. September 1969 das Leben.

 

(August 2015)

 

 

 

 

 

Website der Projektgruppe Frauenpersönlichkeiten