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Alma Mater Lipsiensis
Universität Leipzig

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Israel 1968: Rundreise

Ein Bericht von Claus Engels, Leipzig

Israel

Besuch des Gaza–Streifens und von Ashkelon

Von unserem Kibbuz Beror-Hayil, in dem wir 16 junge westdeutsche Studenten 4 Wochen bei der Feldarbeit, im Küchendienst und in der Kleinkinderbetreuung gearbeitet hatten, war Ashkelon am Mittelmeer nur ca. 25 km entfernt. Bereits aus phönizischer Zeit ist Ashkelon als Hafenstadt bekannt und war in römischer Zeit eine florierende Handelsniederlassung, wovon viele Bauwerke der Vergangenheit noch heute Zeugnis ablegen.

Obwohl wir uns auch einige Tempel mit Interesse angesehen haben, genossen wir in unserer Freizeit doch vorrangig einfach die Badefreuden im Mittelmeer. Da die Infrastruktur in dieser Gegend nicht entwickelt war und es keinen Bus- oder Bahnverkehr gab, legten wir die 25 km per Trampen zurück. Diese Art zu reisen hatte natürlich auch seinen Reiz. Häufig wurden wir auf der Ladefläche eines Pick-Up Kleinlastautos oder in Großraumjeeps mitgenommen. Im Inneren dieser Großraumjeeps drängten sich vornehmlich Palästinenser mit ihren jungen Ziegen zwischen Körben voller Hühner und Enten, die entweder auf dem Markt von Gaza –Stadt oder Ashkelon ge- oder verkauft werden sollten. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich während der ganzen Strecke einmal auf einer Kiste mit jungen Enten gesessen habe, die fröhlich unter mir schnatterten.

Die Palästinenser waren immer sehr freundlich zu uns und boten uns oft auch kalten Tee oder Mineralwasser an. Auf diesen Fahrten kamen wir auch mit unseren jeweiligen Chauffeuren ins Gespräch. Diese Gespräche über die politische Situation führten wir meist in gebrochenem Englisch. So wurden wir sehr neugierig auf Gaza-Stadt gemacht. Doch diese Stadt im Gaza-Streifen lag eigentlich nicht in unserem offiziellen Besuchsprogramm. Deshalb organisierten wir 8 interessierten Leute gegen Barzahlung von Ashkelon aus einen Jeep samt Fahrer und fuhren auf eigene Gefahr zum ersten Mal in ein von den Israelis erobertes Gebiet, nämlich den Gaza-Streifen.

Von Ashkelon nach Gaza waren es wiederum ca. 30 km. Bei Bayt-Ha``nun überquerten wir  die interne Grenze von Israel in den Gaza-Streifen. Der gesamte Gaza-Streifen liegt eigentlich in einer fruchtbaren Gegend. Doch der Unterschied zum israelischen Kernland, wie Ashkelon, war doch frappierend. Während auf israelischer  Seite massive Bebauungen wie Straßen, Wassergräben etc. zu sehen waren, sah die Landschaft ab Bayt-Ha``nun doch so aus, wie man sich Palästina in alttestamentarischer Zeit vorstellt. Die Gegend war geprägt von Ziegenhirten, ärmlichen Lehmbauten und allenfalls einem kleinen Hain von Olivenbäumen.

Dieser malerische, aber auch archaische Eindruck der Landschaft änderte sich beim Erreichen von Gaza-Stadt. Nicht nur die ortsansässigen Einwohner lebten dort, sondern Gaza-Stadt war trotz der israelischen Eroberung ein Schmelztiegel von Anhängern der verschiedenen Strömungen der PLO (Palästina Liberty Organisation), die ständig zwischen hier und dem PLO-Hauptquartier von Yassir Arafat in Tunis hin und her pendelten.

An einigen Gebäuden sah man noch Einschusslöcher der Artillerie, die Spuren des Kampfes aus dem 6-Tage-Krieg. Speziell an besonders  umkämpften Gebäuden hingen Porträts von Yassir Arafat. Sicher sind diese Bilder erst nach der Besetzung angebracht worden, denn sie zeugten vom immer noch lebendigen Widerstandswillen der  Palästinenser.

Die Altstadt von Gaza hatte ein typisch arabisches Ambiente. SUKS durchzogen die ganze Stadt. SUKS sind in arabischen Städten Viertel, die durch bestimmte Händler und Handwerker geprägt sind. So gibt es z.B. SUKS der Gewürzhändler oder der Kupfer- oder Silberschmiede mit ihren Werkstätten. Auf typisch arabische Art wurden wir sehr freundlich behandelt und öfters auch zu einem Schwatz und einem Tee eingeladen.

Natürlich sollten wir auch überall etwas kaufen, was denn doch unsere finanziellen Möglichkeiten überstieg. Mich faszinierte vor allem ein Stand von Jacken aus Ziegenleder. Diese Jacken waren nicht gefärbt, also ein Produkt dieser archaischen Umgebung. Ich erstand eine solche unbehandelte Jacke mit Ziegenfell innen und weißem Leder außen. Doch diese Jacke verströmte einen etwas strengen Geruch, da sie nicht imprägniert war. So trug ich diese Jacke dann später in West-Berlin durchaus mit einem etwas revolutionären Bewusstsein, um in den 68er Jahren gegenüber dem etablierten Bürgertum ein deutliches Zeichen zu setzen. Was den anderen das Palästinensertuch war, betonte ich aus derselben Antihaltung mit meiner Ziegenjacke.

Vor Einbruch der Dunkelheit mussten wir unbedingt im Kibbuz zurück sein. So begaben wir uns immer bereits am frühen Nachmittag auf die Heimfahrt Richtung  Beror-Hayil. Anders als wahrscheinlich heute war der Gaza-Streifen damals nicht durch israelische Militärpräsenz geprägt, so dass wir an dem Polizei-Kontrollpunkt an der Grenze des Gaza-Streifens einfach durchgewunken wurden, denn dieser Kontrollpunkt markierte nur als Hoheitszeichen mit der Flagge Israels die interne Grenze.

Nach Beendigung unseres Arbeitseinssatzes im Kibbuz begannen wir unsere dreiwöchige Rundreise durch Israel und fuhren als erstes zum Ausgangspunkt der Reise, nach Tel Aviv. Vom Kibbuz wurde uns ein Bus gestellt, dessen Fahrer zugleich unser Fremdenführer war.

Tel Aviv

In Tel Aviv besichtigten wir zunächst den malerischen Vorort Jaffa mit seinem Hafen.
Jaffa vermittelte einen romantischen Eindruck mit seiner bunten Hafenkulisse und den Fischkuttern. Man hätte sich hier auch einen kleinen Hafen an der Ostsee vorstellen können. Dieser Ort stand im Gegensatz zu der 1902 gegründeten modernen Großstadt Tel Aviv, deren Stadtbild westlichen liberalen Vorbildern ähnelt mit vielen jungen Leuten, Bars, Discos und einem regen Nachtleben, bei dem sich junge Militärange-
hörige beiderlei Geschlechts offensichtlich von den Strapazen ihres Militärlebens erholten.

In Tel Aviv schlägt das wirtschaftliche Herz Israels. Dort haben nicht nur viele Wirtschaftsverbände und politische  Parteien samt ihren Zeitungen ihren Sitz. Von zentraler Bedeutung ist vor allem auch der internationale Flughafen Ben Gurion, der die Stadt mit allen Landesteilen und der ganzen Welt verbindet. Auch wir sind hier gelandet und von hier aus wieder nach Hause gestartet.

Damals waren wir in Tel Aviv eingeladen beim israelischen Gewerkschaftsbund und der Arbeiterpartei, dem eher linken politischen Spektrum, das sich noch heute in der israelischen Parteienlandschaft findet und den orthodoxen Juden gegenüber steht. So wurde für uns im Hauptquartier der israelischen Arbeiterbewegung ein Vortrag über das Leben von David Ben Gurion, der ja auch die Kibbuzimbewegung maßgeblich beeinflusst hatte, gehalten. Zur Einstimmung auf unsere weitere Studienreise brachten uns die Vertreter der israelischen Arbeiterpartei die politische Rechtfertigung zur Gründung des Staates Israel näher.

Aus der Sicht der Arbeiterpartei war es notwendig, im Gegenzug zum früher englischen Protektorat, als das Land nur als militärischer Faustpfand genutzt wurde, nun das neu gewonnene Land in der Kibbuzimbewegung  durch Händearbeit aufzubauen. Uns wurde auch erklärt, dass diese unbewirtschafteten Landstriche eben nur unter einem Primat einer linken Arbeiterbewegung erfolgreich urbar zu machen seien. In den Gesprächen mit Vertretern der Arbeiterpartei wurden also auch durchaus politische Frontlinien zwischen gemäßigten Juden der Arbeiterpartei und den eher rechtsgerichteten Juden der Likud Partei sichtbar.
Am nächsten Tag fuhren wir auf der Küstenstraße Richtung Haifa und machten Station in Cäsarea.

Cäsarea und Haifa

Bei dieser Etappe hatte ich den Eindruck, als hätten wir uns auf eine Art Pilgerreise zu biblischen Stätten aufgemacht. Besonders sehenswert im Norden Israels war schon die alte römische Stadt Cäsarea mit ihren beeindruckenden Tempelresten  und einem Amphitheater.

Danach fuhren wir auf den Berg Karmel. In 546 m Höhe befindet sich das Karmel Kloster, dessen Abt uns persönlich begrüßte und durch das Kloster führte. Einfach faszinierend war der Rundgang durch das 1156 gegründete Stammkloster der Karmeliter, denn hier war der Karmeliterorden entstanden. Der Abt erzählte uns, dass dieser Orden hier aus Einsiedlergemeinschaften gegründet und im 13. Jahrhundert als katholischer Bettelorden fortgeführt wurde. Zum Abschied genossen wir vom Berg Karmel aus den wunderbaren Blick auf die Stadt Haifa.

Haifa ist besonders durch seine Universität und den Mittelmeerhafen bekannt. Von Haifa fuhren wir dann über Nazareth an den See Genezareth, wo wir in Capernaum, dem Ort, wo Jesus über das Wasser gewandelt sein soll, übernachteten. In der Grabeskirche von Nazareth hatten wir zuvor einen Gottesdienst nach griechisch-orthodoxem Ritus mit viel Weihrauch und Priestern in Messgewändern aus Goldbrokat miterlebt.

Westbank

Am nächsten Tag fuhren wir nach Nablus und besichtigten die Westbank. Die Westbank, das sind die Gebiete an der Grenze zu Jordanien, die im 6-Tage-Krieg von Israel besetzt wurden. Sie gehören zu den wichtigsten Eroberungen von 1967.

In Nablus kam es zum ersten Mal zu einem kleinen Zwischenfall, der uns lehrte, was es bedeutet, mit einem Bus, der israelische  Schriftzeichen trug, die Gebiete der Westbank zu besuchen. Als sie uns bemerkten, ließen vornehmlich die arabischen Händler demonstrativ alle Jalousien der Geschäfte herunter, um  uns klar zu machen, dass wir dort nicht erwünscht waren.

In der Nähe von Nablus, einer wüstenähnlichen Gegend, besichtigten wir eines der Schlachtfelder. Mit einem ausgebildeten Führer begaben wir uns in einen Kessel, in dem noch die Reste der jordanischen Panzerarmee aus dem Wüstensand ragten. Stolz zeigte uns der Führer zerschossene  Panzer, Haubitzen und ähnliches Kriegsgerät, aber auch Granaten und Geschosshülsen. Da es sich hier teilweise noch um scharfe Munition handelte, wie uns der Führer erzählte, mussten wir ihm auf einem Trampelpfad folgen und durften nicht vom Weg abweichen. Es war nicht nur ein gefährliches Unternehmen, sondern auch ein ziemlich makabrer Anblick, der sich uns hier bot.

Diese Besichtigung gut überstanden, fuhren wir zur Stadt Jericho, eines der Eroberungsziele des 6-Tage-Krieges. Diese Stadt, damals zum größten Teil in der traditionellen Lehmziegel-bauweise errichtet, gehört ja zu den ältesten Städten Israels. 6000 Jahre Siedlungsgeschichte konnten dort durch einen archäologischen Grabungsschnitt nachgewiesen werden. Gerade deshalb war es für Israel besonders wichtig, Jericho zu besetzen, um gemäß des Alten Testaments zu dokumentieren, dass die Stadt nicht in arabisches Gebiet gehört.

Jerusalem und Yad Vashem

Ein Highlight der gesamten Rundreise war natürlich der mehrtägige Aufenthalt in Jerusalem.
Ganz besonders erschütternd war der Besuch der Gedenkstätte Yad Vashem, die in einem Außenbezirk von Westjerusalem lag. Hier wurde mit präziser geschichtlicher Aufarbeitung der Opfer des Holocaust gedacht. So sind im Eingangsbereich riesige Tafeln mit den Namen der in den Vernichtungslagern ermordeten Juden zu sehen. Im Inneren der Gedenkstätte wurden viele persönliche Zeugnisse, wie Tagebuchaufzeichnungen, Lieder und Gedichte vor allem aus dem Lager Theresienstadt gezeigt. Es wurde auch dargestellt, wie in den einzelnen europäischen Ländern im vorauseilenden Gehorsam in der Zeit von 1933 – 1945 schon vor dem Einzug der Nazis der Genozid an den Juden vollzogen wurde.

Leider aber wurde nicht darüber informiert, dass und warum z.B. England  und die USA Schiffe mit jüdischen Flüchtlingen abgewiesen und sie somit dem Holocaust wieder zugeführt haben. Trotzdem aber ist für mein Verständnis der Besuch dieser Gedenkstätte ein geschichtliches Muss für jeden Besucher Israels.

Am nächsten Tag wurde uns mitgeteilt, dass unsere Gruppe beim Bürgermeister von Jerusalem, Teddy Kollek, eingeladen war. Diese Einladung entpuppte sich aber als viel brisanter, als wir zuerst angenommen hatten, denn sie ging wohl auf die Initiative der israelischen Arbeiterbewegung und unseres Treffens mit dieser in Tel Aviv zurück. Dort hatten wir anscheinend einen sehr positiven Eindruck hinterlassen.

Ted Kollek, ein damals für israelische Verhältnisse ungewöhnlich liberal denkender Bürgermeister, eröffnete das Treffen mit den Worten: „Ich mache Sie als Deutsche nicht dafür verantwortlich, was Ihre Eltern, Großeltern oder Verwandte im Dritten Reich gemacht oder nicht gemacht haben. Ihre Generation werde ich nicht dafür verantwortlich machen.“ Diese Worte waren für uns besonders ergreifend, da Ted Kollek uns auch seine eingravierte Nummer am Unterarm zeigte  und damit bewies, dass er den Holocaust selbst erlebt und überlebt hatte. Wir waren sehr betroffen über das tragische Schicksal der Juden, zumal auch der vorherige Tag in Yad Vashem nicht spurlos an uns vorübergegangen war.

Auf dem Empfang waren auch Journalisten von Zeitungen der Arbeiterbewegung zugegen. Von diesen wurden wir auch über unsere bisherigen Eindrücke von Israel befragt. Wir waren hin und her gerissen, denn es war uns klar, dass wir hier auf ganz dünnem Eis gingen und weit entfernt von einer harmlosen Pilgerreise waren, zumal uns die härtesten Brocken mit dem Besuch von Ost Jerusalem noch bevor standen. Insbesondere ein Professor der Hebräischen Universität befragte uns, wie wir mit der Problematik Israels nach dem 6-Tage-Krieg in Deutschland umgehen wollten.

Er wies uns noch einmal darauf hin, dass es ja wohl der arabische Wille sei, die Juden ins  Meer zu treiben, während dieses Land nach der Prophezeiung und der Heiligen Schrift seit 6000 Jahren das heilige Land der Juden sei. Als Schlichter in diesem Streit waren wir einfach  überfordert. Wir wussten nur eines, nämlich dass wir als Generation der 68er Jahre jegliche militärische Eroberung ablehnten. Da wir keine Konfrontation wollten, bezogen wir uns dann ganz sybillinisch auf die vorbildliche Politik von Sadat in Ägypten, der eher gemäßigt mit religiösen Auseinandersetzungen umging, während z. B. Syrien aggressiv reagierte. Auf
alle Fälle waren wir froh, als dieser Empfang vorüber war, denn er war heikler, als wir uns vorgestellt hatten.

Am Nachmittag besuchten wir dann die Klagemauer und kamen dort zum ersten Mal mit orthodoxen Juden ins Gespräch. Diese Gespräche entwickelten sich spontan. So lernten wir an diesem Ort die Haltung der eher rechtsgerichteten Juden kennen.

Ein Rabbiner mit entsprechendem Ornat - schwarzer Hut, schwarze Ringellöckchen -  bot uns schließlich an, im Ostteil Jerusalems ein typisch rituelles Bad der Juden zu besichtigen. Dabei war ihm der Stolz anzusehen, denn Ostjerusalem war ja wie die Westbank und der Gaza-Streifen im 6-Tage- Krieg erobert worden. Auch dieses Bad gehörte zur heiligen archäologischen Beute. Ins Bad führten Stufen hinunter, damit der ganze Körper gereinigt werden konnte, insbesondere nach der Menstruation der Frauen. Denn nach uraltem streng jüdischem Ritus waren und sind diese Waschungen vorgeschrieben. Der Rabbiner erklärte uns außerdem, dass im Zuge der Eroberung von Ostjerusalem natürlich viele ähnlich heilige Orte wieder in israelische Hand zurückgekehrt sind, die früher in arabischem Hoheitsgebiet lagen und selbstverständlich dort nichts zu suchen hätten.

In den Straßen Ostjerusalems, in denen es noch immer viele arabische Geschäfte gab, patrouillierten deshalb viele israelische Militärposten. Ein gewisses Bedrohungspotenzial war hier also von beiden Seiten ständig zu spüren. Doch Israel beanspruchte natürlich Jerusalem als Hauptstadt für sich allein. So war der Westteil von Jerusalem schon damals durch die  modernen Israelis und ihre Kultur und Architektur geprägt, wie z. B. das King David Hotel, in dem westliche Staatsgäste untergebracht wurden.

Der nächste Tag war ausschließlich für den Besuch des Felsendoms (El Axa Moschee)
im Herzen von Jerusalem reserviert. Dieser heiß umkämpfte Platz ist besonders geschichtsträchtig, da hier in vorrömischer Zeit auch der heilige Tempel der Juden gestanden hat. Im Vorhof der Moschee mussten wir unsere Schuhe ausziehen und auf Socken in das Gotteshaus gehen, denn rituelle Fußwaschungen, die für die Moslems zwingend waren, mussten wir nicht vollziehen. Aber wir beobachteten die gläubigen Moslems, die sich in viereckigen Steinbecken vor der Moschee die Füße wuschen.

Der Innenraum der Moschee war sehr beeindruckend. Der Kuppelraum war mit einem Lapislazuliblau ausgemalt. Durch die Glasfenster der Moschee mischt sich das Sonnenlicht zu einer eigenartigen Symbiose von Sonnenlicht und diesem Blau. Auf dicken Teppichen knieten die Moslems  und waren ins Gebet vertieft. Die Moschee ist den ganzen Tag für Jedermann geöffnet. Nur zum Freitagsgebet sind nur Moslems zugelassen. Doch wir waren am Donnerstag dort.

Totes Meer, Höhlen von Qumran und Masada

Am nächsten Tag fuhren wir von Jerusalem nach Qumran. Dies ist eine archaische Landschaft mit vielen Sandsteinfelsen, in deren Höhlen einst ein Ziegenhirt die Tonkrüge mit den berühmten Schriftrollen entdeckte. Für mich war aber eher ein Bad im angrenzenden Toten Meer spannend. Hier kann man nämlich aufgrund des enormen Salzgehaltes im Wasser liegen ohne unter zu gehen.

Wenn man am Toten Meer entlang fährt, gelangt man nach Masada. In dieser Bergfestung spielte sich zur Zeit des Herodes ein weltgeschichtliches Drama ab, denn hier befand sich der letzte Zufluchtsort der Juden während der römischen Eroberung von Judäa. Die Festung bot Platz für etwa 6000 Männer, Frauen und Kinder. Als Masada durch die Römer belagert wurde und davor stand, eingenommen zu werden, töteten die Juden erst ihre Frauen und Kinder und dann sich selbst, um nicht in römische Hand zu fallen. Im Inneren der geschleiften Festung, die auf einem Bergrücken liegt, kann man noch heute Vorratskammern und Brunnen besichtigen.

Als wir von der Festung herunterstiegen, kam gerade ein Bus an, aus dem ein Schwarm älterer amerikanischer Touristinnen flutete. Kaum hatten ihre Füße den Wüstenboden berührt, blieben sie wie erstarrt stehen, hoben die Arme , drehten sich im Kreis, um das Tote Meer und die Festung zu sehen und brachen dann unisono in spitze Begeisterungsschreie aus: „ It`s great! This is fantastic!“ Entgeistert beobachteten wir, wie diese ältlichen Damen in schriller Kleidung und lila gefärbten und stark ondulierten Haaren wie ein unglaublicher Stilbruch in diese archaische Welt einbrachen. Wir fragten uns insgeheim, wie die mit Stöckelschuhen und Perlonstrümpfen bekleideten Damen wohl den von den Römern vor 2000 Jahren aus aufgeschüttetem Sand angelegten steilen Wüstendamm zur Festung hinauf bewältigen wollten.

Der Negev  und Eilat am Roten Meer

Am darauffolgenden Tag fuhren wir von der Masada Festung über Newe Zahar in die Wüste Negev. In dem Wüstenort Newe Zahar kam es erneut zu einem Zwischenfall. Da unser Bus israelische Schriftzeichen trug, war er auch hier ein Angriffspunkt für die arabische Bevölkerung. Unser Bus wurde wütend mit Steinen beworfen. Zum Glück ist niemand zu Schaden gekommen. Unser Fahrer wies uns nun darauf hin, dass auch die weitere Fahrt durch den Negev nicht ganz ungefährlich sei, da wir mit weiteren derartigen Aktionen rechnen müssten. Die Straße führte nämlich entlang der jordanischen Grenze.

Doch im weiteren Tagesverlauf durchquerten wir nur menschenleeres Gebiet. Der Negev ist eine Steinwüste und nur ab und zu taucht ein Dornengebüsch zwischen den Steinen auf. So ist es kaum vorstellbar, dass dies in alttestamentarischer Zeit einmal Siedlungsgebiet gewesen sein soll.

Nach 400 km Wüstenfahrt bei sengender Hitze erreichten wir Eilat am Roten Meer. Gegenüber von Eilat liegt auf jordanischem Gebiet die Hafenstadt Akaba, die wir gut sehen konnten. Zu unserer Erholung in Eilat gehörte erst einmal ein Ausflug auf einem Glasboot auf dem Roten Meer. Das Rote Meer ist bekanntlich ein wunderbares Taucherparadies wegen seiner herrlichen Unterwasserwelt und des klaren Wassers. Durch den Glasboden unseres Bootes konnten wir Korallen und Schwärme von bunten Fischen sehen.

Besonders interessant war für mich der Besuch der Malachitminen. In Eilat kommt Malachit,   ein smaragdgrüner Halbedelstein, der schon zu Zeiten König Salomos zu Schmuck verarbeitet wurde, vor. In den Stollen des Museumsbergwerks konnten wir die Spuren des Abbaus, die möglicherweise noch auf König Salomo zurückgehen, betrachten. Natürlich konnte man in einem kleinen Shop vor dem Bergwerk auch Schmuckstücke aus Malachit erwerben.

Harvat Shivat und Rückreise nach Tel Aviv

Von Eilat, dem südlichsten Punkt des Negev, fuhren wir dann auf einer nordwestlichen Route zurück und gelangten zu der Nabathäer Stadt Harvat Shivat im Zentralnegev.
Plötzlich tauchten Schilder und große Felsformationen vor uns auf und wir standen vor der unterirdischen Stadt, die noch heute ein bedeutendes archäologisches Zeugnis der frühen Besiedlung des Negev ist. Die Stadt wurde nämlich bereits von den Nabathäern teils unterirdisch in den Felsen getrieben. Deshalb musste man auf allen Vieren durch ganz enge Felsgänge kriechen, um zu den unterirdischen Wohnräumen zu gelangen. Damit ist auch bewiesen, dass früher der Negev keinesfalls menschenleeres Gebiet war oder nur von Nomadenstämmen besiedelt war.

Von Harvat Shivat fuhren wir über Beer-Sheva am nächsten Tag nach Tel Aviv und traten von dort den Rückflug nach Westdeutschland an.



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