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Alma Mater Lipsiensis
Universität Leipzig

Arbeitsgruppe Zeitzeugen
der Seniorenakademie

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Wie ich als Seniorenstudentin Zugang zur Bibel fand

Von Ursula Bückner, Markkleeberg

Seit meiner Goldenen Konfirmation im Jahre 2000 sind schon wieder ein paar Jahre vergangen.
Bald gehöre ich zu den Siebzigjährigen. Bisher fand ich nicht den richtigen Zugang zum meist gelesenen Buch der Welt, der Bibel. Es wird höchste Zeit, Versäumtes nachzuholen.
Seit ich von einer Bildungsreise aus Jordanien und Israel zurück bin, habe ich tausend Fragen, auf die die Bibel vielleicht eine Antwort weiß.
Als Seniorenstudentin an der Leipziger Uni schaue ich in den gelben Studienführer und finde dort eine Vorlesung, die Grundinformationen über „Das Alte Testament“ mittwochsab 8.15 Uhr anbietet.
Eigentlich etwas früh für mich. Mein Mann hilft mir die Aufstehschwierigkeiten zu überwinden und fährt mich nach einem Schnelldurchgang durch Bad und Küche bis vor das Vorlesungsgebäude.
Völlig irritiert schaue ich – es ist eine Viertelstunde vor Beginn der dreistündigen Veranstaltung – durch die Tür des kleinen Hörsaales.
Alle Plätze sind von vorwiegend Studentinnen oder deren Jacken und Mänteln, die ihren Kommilitonen einen Sitzplatz sichern sollen, belegt. Auf dem Fußboden sitzen und stehen junge Leute. Ganz vorn gleich neben der Tafel sitzt ein älterer Herr auf einem Klappstühlchen. Daneben ist vielleicht noch eine Lücke bis zur ersten vollbesetzten Bankreihe.
Aber sollte ich nicht doch lieber mein Vorhaben aufgeben? Werde ich es überhaupt schaffen drei Stunden unbequem auf dem Fußboden zu sitzen, aufmerksam zuzuhören und Wichtiges mitzuschreiben? Vielleicht nehme ich sogar einen regulären Studenten das letzte Plätzchen weg?
Keiner scheint Anspruch auf das Fleckchen zu erheben. Also steige ich über lange ausgestreckte Beine hinweg. Meine Jacke wird Sitzkissen. Meine Beine kann ich ausstrecken und mein Rücken findet auch einen Halt.
Jetzt beginnt die Vorlesung. In dreimal 45 Minuten ordnet der Dozent das Wissen der Studenten, fügt Neues hinzu, schafft historische Zusammenhänge mit anderen Religionen, weist auf neuere archäologische Funde hin und spricht von Gegenden, die ich gerade erst mit Prof. Seidel besucht hatte.
Die Bibel wird lebendig. Das Interesse, noch viel mehr zu erfahren ist groß. Dankbar denke ich, wie schön, dass uns Alten dazu die Möglichkeit gegeben wird.
Die Studenten akzeptieren das Miteinander. Am darauffolgenden Mittwoch wurde mir von einem Studenten ein eigentlich schon belegter Sitzplatz angeboten.

 

April 2006

 



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