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Alma Mater Lipsiensis
Universität Leipzig

Arbeitsgruppe Zeitzeugen
der Seniorenakademie

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Wie ich zum Seniorenstudium kam und
meinen weiteren Lebensweg als Rentnerin gestaltete

Ein Bericht von Regina Matthees, Leipzig

Im Dezember 1998 endete meine berufliche Tätigkeit. Ich war bei der Leipziger Messe beschäftigt und wechselte von dort ins Rentnerdasein. Bei der Abschiedsveranstaltung wurden mir viele Glückwünsche entgegengebracht. So hieß es, du hast es geschafft, alles Gute für die Zukunft, genieße Dein Rentnerleben, erhole Dich und denk nicht mehr an die Arbeit.

Wünsche, die gut gemeint waren, aber eine große Traurigkeit in mir auslösten, ich hatte den Status einer Rentnerin erreicht. Ich musste mein Leben nun völlig neu planen und mir interessante Aufgaben suchen.

Ehrenamtlich beim Gericht tätig

Zu dieser Zeit war ich noch als ehrenamtliche Richterin beim Arbeitsgericht Leipzig tätig. Diese Funktion übte ich noch bis zum Jahre 2000 aus. Ab 2001 wurde ich als Schöffin beim Amtsgericht Leipzig - Strafabteilung - berufen und 2005 begann ich meine Tätigkeit als ehrenamtliche Richterin beim Sozialgericht in Leipzig, die ich heute noch ausübe. Mir bereitet diese ehrenamtliche Richtertätigkeit viel Freude, da sie meinen Interessen, ich hatte auch Jura studiert, entspricht. Man leistet einen wichtigen Beitrag für die Rechtsprechung und Konsolidierung für das Gemeinwesen.

Anlässlich einer Zusammenkunft beim Amtsgericht Leipzig im September 1999 erfuhr ich von einer Richterin, die auch Rentnerin war, vom Seniorenstudium an der Universität Leipzig. Mein Interesse war geweckt.

Ich erkundigte mich an der Uni nach den Bedingungen und führte ein Gespräch mit der ehemaligen Leiterin der „Stabsstelle Wissenschaftliche Weiterbildung und Fernstudium“, Frau Dr. Sosna. In diesem Gespräch erfuhr ich, dass es für Rentner zwei interessante Möglichkeiten gibt, sowie die Unterschiede zwischen diesen. Es sind

  1. das Seniorenkolleg und
  2. das Seniorenstudium.

Seniorenkolleg

Das Seniorenkolleg der Universität Leipzig bietet eine Veranstaltungsreihe für ältere Menschen. Es wurde 1979 ins Leben gerufen. Es wendet sich an alle älteren Bürger ab 50 Jahre, die Interesse an anspruchsvollen Themen haben und sich in Vorlesungen über neue Entwicklungen auf ausgewählten Wissensgebieten informieren möchten.

Das Jahresprogramm des Seniorenkollegs umfasst eine breite Palette von Vorlesungen, angefangen bei der Medizin, über die Geschichte bis hin zur Religion. Das

Seniorenkolleg ist nicht nur ein Ort der Bildung, sondern auch ein Ort der Begegnung und Begleitung. Daher nutzen viele Teilnehmer des Kollegs die zusätzlich angebotenen Führungen und Exkursionen zu den unterschiedlichsten Kulturstätten in der näheren und weiteren Umgebung.

Seniorenstudium

Das Seniorenstudium an der Universität Leipzig gibt es seit 1993. Es steht unter dem Motto ,,Jung und Alt" studieren gemeinsam. So nehmen an vielen Lehrveranstaltungen der Studenten auch Senioren teil. Die dafür ausgewählten Veranstaltungen enthält ein Studienführer.

Zusätzlich können Seniorenstudierende auch teilnehmen an:

  • Speziellen Lehrgängen wie z.B. Weiterbildung auf dem Gebiet der Software und des Internets sowie an Sprachkursen,
  • Semestereinführungsveranstaltungen mit speziellen Fachvorträgen,
  • Führungen und Exkursionen, organisiert von einem von Senioren geleiteten Förderverein
  • Von Seniorenstudenten selbst organisierten Arbeitsgruppen.

Die Universität Leipzig hält das Angebot des Seniorenstudiums für eine wichtige Aufgabe. Auch für mich war es eine neue Herausforderung, der ich mich stellte. Beim Seniorenstudium traf ich viele alte Bekannte wieder, die dort eine Anerkennung ihrer Persönlichkeit fanden, denn die ältere Generation hat noch andere Bedürfnisse als nur das Rentnerdasein zu genießen. Sie wollen, wie in ihrem bisherigen Leben, selbständig und aktiv sein und am gesellschaftlichen Leben teilhaben können.

In den Vorlesungen, die ich als Seniorin besuchte, gab es nie Probleme mit den jungen Studenten. Im Gegenteil, es wurden Freundschaften geschlossen und wir halfen uns auch gegenseitig. Zwei junge Studentinnen z.B., die neben mir im Hörsaal Platz genommen hatten, baten mich zur nächsten Vorlesung für sie mitzuschreiben, da sie an diesem Tage verhindert sind. Ich habe das gern getan. Wir sind heute noch befreundet und gehen gern eine Tasse Kaffee zusammen trinken.

Das Seniorenstudium hat über den Erhalt der geistigen Fitness hinaus, auch eine soziale Komponente durch den Kontakte der Lebens- und berufserfahrenen Seniorenstudierenden mit den jungen Studenten. Nach meinen Erfahrungen besteht ein Verhältnis der gegenseitigen Achtung und - wie bereits ausgeführt - eines harmonischen Miteinander. Ich selbst war angetan vom Seniorenstudium und wählte bei den Vorlesungen die Fächer ,,Jura" und ,,Germanistik". Später belegte ich noch die Fächer "Geschichte“ und "Religion".

Dann bot sich mir die Möglichkeit, Mitglied des Sprecherrates zu werden, was ich gern tat. Die Wahl fand erstmalig im November 1999 statt. Ich wurde gewählt. Ein freudiges Ereignis für mich, denn der Seniorensprecherrat ist das Bindeglied zwischen der Universität Leipzig und den Teilnehmern am Seniorenstudium. Er trifft sich monatlich einmal mit der Ansprechpartnerin der Uni für das Seniorenstudium, Frau Dr. Nieke, zur Beratung. Die Atmosphäre und die Zusammenarbeit kann als wirklich sehr gut bezeichnet werden.

Arbeitsgruppe Zeitzeugen

Für mich bot sich noch eine weitere interessante Aufgabe an der Uni Leipzig. Im Rahmen des Seniorenstudiums gibt es die von Senioren selbst organisierte und seit 2001 bestehende Arbeitsgruppe Zeitzeugen, deren Mitglied ich wurde. Dort fühle ich mich sehr wohl und ich glaube, den anderen Mitgliedern geht es genauso. Wir treffen uns zweimal im Monat in der Seniorenresidenz" Dresdner Hof" (näheres hierzu s. Startseite dieser Homepage). Dort befindet sich das Seniorencafe in dem wir tagen und in dem wir auch Kaffee trinken oder eine Mahlzeit einnehmen können.

Anliegen der Mitglieder der Arbeitsgruppe ist vor allem:

  • Interessante gesellschaftliche Geschehnisse aus der Vergangenheit oder Gegenwart zu diskutieren und Hintergründe aufzuhellen. Diese jeweiligen Themen richten sich nach dem Interesse der Mitglieder der Gruppe und werden von diesen ausgewählt.
  • Verfassen von Zeitzeugenberichten und Veröffentlichung in dieser Homepage um ein möglichst genaues Bild von dem von uns Erlebten zu vermitteln und so frühere Geschehnisse vor dem Vergessen zu bewahren.
  • Kontakte zu Seniorenstudierenden anderer Universitäten und Realisierung gemeinsamer Vorhaben. So haben wir z.B. als Arbeitsgruppe Zeitzeugen der Universität Leipzig gemeinsam mit der Arbeitsgruppe Zeitzeugen der Universität Bielefeld ein Buch mit dem Titel „Deutsche Ost-West Geschichten“ (199 Seiten) herausgegeben.

Zusammenfassend kann ich sagen: Die Arbeitsgruppe ist für mich etwas ganz Besonderes.

Ich lernte Menschen kennen, die um die sechzig, siebzig und achtzig Jahre alt sind. Diese haben eine Menge Leben gelebt. Die Arbeitsgruppe gibt ihnen Gelegenheit sich mit ihrer eigenen Biographie zu beschäftigen und regt sie an das Erlebte schriftlich festzuhalten.

Ich finde, dass ich den richtigen Weg in meinem Rentenalter gewählt habe, den Weg zum
Seniorenstudium an der Universität Leipzig.



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