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Universität Leipzig

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Elternaktiv zur DDR-Zeit

Ein Bericht von Regina Matthees, Leipzig

Meine Tochter Cornelia kam im Jahre 1975 zur EOS Thomas. Wer einen Beruf ergreifen wollte, bei dem ein Hochschulstudium erforderlich war, kam bei entsprechenden Leistungen und vorbildlichem Verhalten zur erweiterten Oberschule (EOS). Sie führte bis zur 12. Klasse und schloss mit dem Abitur ab.
Beim 1. Elternabend in der EOS Thomas wurde ausführlich über die Bedeutung des Elternaktivs gesprochen und dieses dann gewählt.

Es wurde ein Elternaktiv-Arbeitsplan erstellt. Termine und Verantwortlichkeiten wurden jeweils festgelegt. Die wichtigsten Aufgaben waren:

  1. Gemeinsame Beratungen monatlich mit dem Klassenleiter über den Leistungsstand der Schüler. Wo kann geholfen werden ?
  2. Organisierung von Klassenfahrten und anderen Veranstaltungen, Planung und Veranstaltung von Themennachmittagen - z.B. erhielten die Schüler Einblick in das Leben anderer (sozialistischer) Länder.
  3. Mitglieder des Elternaktivs veranstalteten Sportnachmittage.
  4. Darüber hinaus plante das Elternaktiv Veranstaltungen, die die Schüler auf ihr zukünftiges Berufsleben vorbereiteten oder auf Probleme in den Bereichen Politik und Umwelt aufmerksam machten. Eltern stellten ihre Berufe vor, und es wurden Besichtigungen in Betrieben durchgeführt.

Ich war glücklich und froh mit in das Elternaktiv gewählt zu werden. Nach einem Jahr wurde ich Vorsitzende des Elternaktivs und behielt diese Funktion bis zur 12. Klasse.
Über jede Sitzung führten wir ein Protokoll und werteten die erzielten Ergebnisse aus.
Wir trafen uns monatlich einmal - vorwiegend in der Schule oder im Bedarfsfall bei den Eltern - um in einem intensiven Gespräch Ursachen und Lösungsideen für die Probleme, die ein Schüler hatte, zu erörtern.

In Elternversammlungen wurden die Beschlüsse und neuen Aufgaben des Elternaktivs diskutiert. Traten akute Probleme bei einem Schüler auf (drastisches Absinken der schulischen Leistungen oder Schwierigkeiten im Umgang mit Mitschülern), wurden diese ausführlich im Elternaktiv beraten und Lösungsvarianten mit dem Klassenleiter festgelegt.
Es war eine interessante Tätigkeit, die allen Mitgliedern Freude bereitete. Bei diesem Zusammentreffen, einmal im Monat, kam es zu zwischenmenschlichen Beziehungen, und es entwickelten sich unter den Eltern Freundschaften. Wir halfen uns alle.

Die Kinder sind nunmehr erwachsen, haben ihre eigene Familie, denken aber gern an die "Muttis und Vatis vom Elternaktiv" zurück. Oftmals sehe ich ehemalige Schüler/innen, die mich erkennen und wir schwatzten von vergangenen - aber doch schönen Zeiten in der Schule.
Auch nach der EOS-Zeit trafen wir uns - die Mitglieder des Elternaktivs - mit dem Klassenleiter. Wir besuchten Lesungen anlässlich der Buchmesse in Leipzig und waren einfach glücklich, uns wieder zu sehen - im Oma- und Opaalter.
Sicherlich waren wir Mitglieder des Elternaktivs auch daran interessiert, vom Klassenleiter Auskunft über die Leistungen unserer Kinder zu erhalten, was vom Klassenleiter nicht gern gesehen - aber doch toleriert wurde.

Zusammenfassend möchte ich sagen, dass die Arbeit im Elternaktiv, wenn auch mit viel Arbeit und Mühe verbunden - denn wir standen alle noch im Berufsleben - mein weiteres Leben mit geprägt hat; Verantwortung für andere Kinder mit zu übernehmen und überall dort zu sein, wo Hilfe benötigt wird. Wir Eltern selbst sind durch diese ehrenamtliche Tätigkeit im Elternaktiv "jung" geblieben, haben mit gebangt, wenn die Schüler Prüfungen hatten und uns über gute Zeugnisse gefreut.
Zum Abiturball waren wir Mitglieder des Elternaktivs selbstverständlich eingeladen.
Ich weiß, dass alle Schüler nach dem Abitur ein Hoch- oder Fachschulstudium aufgenommen haben.

Im Juli vergangenen Jahres fand ein Treffen der Schüler im Forsthaus Raschwitz (Gaststätte) statt.
Wir ehemaligen Aktivmitglieder wurden eingeladen. Ein Gespräch mit einer ehemaligen Schülerin, die heute Ärztin an der Uni-Klinik ist, bleibt mir in Erinnerung. Sie erzählte, wenn das Elternaktiv nicht gewesen wäre, mit ihr nicht ernsthafte und kritische Gespräche über ihre Lernhaltung und Lernergebnisse geführt hätte, dann wäre das Abitur wohl nicht so gut ausgefallen. Nach nahezu 26 Jahren noch ein Dankeschön an das Elternaktiv.




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