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Die Organisation der Universität und ihre wirtschaftlichen Grundlagen

Die Universität Leipzig hatte mit ihrer Gründung nach dem Vorbild der Pariser Universität eine Nationenverfassung. In den Nationen waren die Magister und Scholaren nach ihrer geographischen Herkunft zusammengefasst. Von der Prager Universität wurden die 3 nichtböhmischen Nationen übernommen:
     die bayerische Nation (Süd-/Südwestdeutschland, Süd- und Westeuropa)
     die sächsische Nation (Nord-/Nordwestdeutschland, Skandinavien, England)
     die polnische Nation (Schlesien, Ostdeutschland, Osteuropa)
Hinzu kam neu
     die meißnische Nation (der wettinische Herrschaftsbereich).
Die Nationenverfassung bestimmte die Organisation der Universität bis zur Universitätsreform von 1830. Die Nationen waren gleichberechtigt. Ihre Vertreter wählten aus dem Kreis der Magister nach einem festgelegten Ritual und in festgelegter Reihenfolge für jeweils ein Semester den Rektor. Dieser stand dem großen Konzil (Concilium Nationale Magnum) vor. Er führte auch den Vorsitz des ständigen Gerichtshofs der Universität (Concilium perpetuum), dem je 1 Vertreter der 4 Nationen als Beisitzer angehörten. Zu den Aufgaben des Rektors gehörte auch das Führen der Matrikel für das jeweilige Semester.
Die eigene Gerichtsbarkeit der Universität war ein wichtiges Privileg. Es machte sie von der Stadt und deren Organen unabhängig und entzog die Lehrer und Studenten der städtischen Justiz.
Gegenüber den Rechten der Nationen war die Rolle der Fakultäten auf die Lehrtätigkeit begrenzt. Wie andere mittelalterliche Universitäten hatte auch Leipzig auf der Grundlage der päpstlichen Bulle vom 9. September 1409 die Artistenfakultät (die spätere Philosophische Fakultät), die Theologische Fakultät, die Juristenfakultät und die Medizinische Fakultät. Den Fakultäten stand der Dekan vor, der ebenfalls aus dem Kreis der Magister gewählt wurde.

Gebäude
 
Das Siegel des Großen Kollegs
 
Der Lehrbetrieb fand in den Kollegien statt. Mit der Einrichtung der Fürstenkollegien war die Stiftung von Magisterstellen verbunden: im Großen Kolleg je Nation 3, im kleinen Kolleg je 2. Zu diesen 20 kamen nach Anerkennung des Frauenkollegs als Fürstenkolleg 3 hinzu. Diese wurden später als "Professoren alter Stiftung" bezeichnet. Auch die Kollegien verfügten über landesherrlich bestimmte Privilegien. In der Gründungsurkunde wird dazu verfügt:
Und diese Kollegienhäuser befreien wir von allen Losungen, Erhebungen, Zahlungen, Steuern, Rechten, Lasten und von der Gerichtsbarkeit des Rates der Stadt ...  1
Die Universität war eng mit der Kirche verbunden. Das kam u.a. darin zum Ausdruck, dass der Bischof von Merseburg Kanzler der Universität war und Magister zwischen kirchlichen und universitären Funktionen wechselten oder auch beide gleichzeitig ausübten.
Die wirtschaftliche Lage der Universität und ihrer Angehörigen war unzweifelhaft von Misshelligkeiten begleitet. Deshalb war die Rückendeckung, die vom Papst kam, von großer Bedeutung. In der am 19. Dezember 1409 in Pistoja ausgestellten Bulle weist der Papst nach der Gründung der Universität Leipzig den Bischof zu Merseburg und das Naumburger Domkapitel an, angesichts durch geistliche als auch durch weltliche Obrigkeiten entstandene Schwierigkeiten, die Magister, Doktoren und Scholaren der Universität hinsichtlich der ihnen zustehenden Rechte, Einkünfte und Güter zu schützen und erteilt Vollmacht, Schuldige zu bestrafen.
In der Gründungsurkunde der Landesherren ist festgelegt, dass die 12 Magister des Großen Kollegs ein jährliches Gehalt von 30 Gulden erhalten sollen, darunter ein Magister der Theologie 30 Gulden zusätzlich. Die 8 Magister des Kleinen Kollegs mussten mit 12 Gulden jährlich zufrieden sein.
Die nicht in den Kollegien tätigen übrigen der 46 aus Prag gekommenen Magister mussten also selbst für ihren Unterhalt sorgen. Das erfolgte sowohl durch die von den Studenten erhobenen Vorlesungsgebühren, die Erlöse aus der Vermietung von Unterkünften in den Bursen und Privatwohnungen an Studenten und deren Beköstigung.
Eine große Rolle spielten auch die Tätigkeiten außerhalb der Universität. So hatten die Magister der Medizinischen Fakultät ihre eigene Praxen. Die Theologen hatten Pfründe in Naumburg und Merseburg. Das führte dazu, dass manchem Magister nur wenig Zeit für seine Lehrtätigkeit blieb. Diese Situation veranlasste Herzog Georg dazu, sich 1502 mit der Lage an der Universität zu beschäftigen und Reformen anzuordnen, die jedoch keine grundlegende Veränderung der ärmlichen Verhältnisse brachten.

1   nach Füßler, Heinz (Hg.): Leipziger Universitätsbauten, Leipzig 1961, S. 126
Quelle der Abbildung des Siegels des Großen Kollegs:  Universitätsarchiv

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