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Die Dunkelmännerbriefe

Die Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert war von der Auseinandersetzung der spätscholastischen Welt der Universitäten und der Kirche mit den Vertretern des aufkommenden Humanismus gekennzeichnet. Diese Auseinandersetzungen gipfeln in dem sogenannten Pfefferkorn- Reuchlin-Streit, der die gelehrte Welt nördlich der Alpen in zwei Lager spaltete. Ausgehend vom Kölner Streit um die Toleranz gegenüber den Juden erhielt er am Ende einen prinzipiellen Charakter über die Freiheit der Wissenschaften. Angesehene Humanisten dieser Zeit (u.a. Hutten, Melanchthon, Buschius) bekundeten Reuchlin ihre Sympathien in Briefen und Aufmunterungsschreiben. 1514 veröffentlichte Reuchlin einen Teil dieser Briefe unter dem Titel "Clarorum virorum epistolae ...". Diese könnten der Hintergrund für die Dunkelmännerbriefe "Epistolae obscurorum virorum ..." sein, denn aus den beiden Titeln lassen sich bereits Äquivalenzen erkennen.


Dunkelmännerbriefe
 
Titelblatt der 2. Sammlung (1517)  
Die Dunkelmännerbriefe geißeln im künstlerischen Gewand der Satire, der Parodie und der Komik die Zustände an den Universitäten. Dabei wird mit den Mitteln des Spottes, der Lächerlichmachung und auch mit derben Obszönitäten die veraltete Bildungswelt bloßgestellt.
Ansonsten bleibt bei diesen Briefen vieles im "Dunkeln". Keine Verfasser werden genannt, die Namen der Herausgeber oder Drucker fehlen. Erscheinungsjahr und Druckort bleiben unerwähnt oder werden frei erfunden. Mit Ortsbezeichnungen wird bewusst irregeführt. Sie gleichen einem Versteck- und Verwirrspiel und sind deshalb als historische Quelle nur mit Vorsicht zu verwenden.
Die Geschichtsforschung ist sich jedoch einig, dass der erste Band mit 41 Briefen im Oktober 1515 erschienen ist (+7 als Anhang bei der 2.Auflage 1516), und eine zweite Sammlung von 62 Briefen im Frühjahr 1517 (abgebildeter Holzschnitt) folgte. Hauptverfasser des ersten Teiles war Crotus Rubianus (Johannes Jäger), von dem die Konzeption der "viri obscuri" stammt.
Der zweite Band geht auf Ulrich von Hutten zurück; wahrscheinlich gehörte auch Buschius (Hermann von dem Busche) dazu - beide waren auch in Leipzig tätig.

Berücksichtigt man die in den Briefen angegebenen Absendeorte, so stammen neun Briefe aus Leipzig - keiner Universität werden mehr zugeschrieben. Andere Forschungen (Witkowski) gehen von zwölf Briefen aus, die sich mit Leipziger Verhältnissen befassen. Die genaue Anzahl lässt sich aus den oben geschilderten Gründen jedoch nicht feststellen. Tatsache ist, dass in den Dunkelmännerbriefen ein wenig schmeichelhaftes Bild der Leipziger Magister gezeichnet wird, vor allem aus der Artisten- und der Theologenfakultät. Der 13. Brief des ersten Bandes beinhaltet z.B. einen Bericht über die Vertreibung des Humanisten Rhagius Aesticampianus aus Leipzig im Jahre 1510.

Wenn auch vieles in der Zuordnung im Unklaren bleibt, bieten die Dunkelmännerbriefe interessante Aussagen über die Zustände und die Auseinandersetzungen an den Universitäten der damaligen Zeit - immer unter Berücksichtigung der satirischen und parodistischen Form dieser Zeugnisse.

Quellen:
Rathmann, L. (Hrsg.): Alma mater Lipsiensis Geschichte der Karl-Marx-Universtät Leipzig, Leipzig 1984
Witkowski, G.: Geschichte des literarischen Lebens in Leipzig, Leipzig 1909


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