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Frauen und Universität
im Jahrhundert der Aufklärung

Das Mittelalter hatte die Frauen bis auf wenige Ausnahmen in Klöstern und adligen Kreisen von jeglicher gelehrten Bildung ferngehalten. Der Geist war Besitz des Mannes, eigene Gedanken und Taten von Frauen wurden vielfach als Eingebung des Teufels gedeutet.

foeminarum
 
Die Frühaufklärung stand den weiblichen Bildungsbestrebungen positiv gegenüber. Man begann mit der Disputation des Themas, wie das nebenstehende Beispiel einer "Erörterung über die gelehrte Bildung der Frauen" (FOEMINARUM) des Erfurter Theologen Johannes Sauerbrei beweist, welche 1671 an der Leipziger Universität vorgetragen wurde.
Im Zuge der von August Hermann Francke ausgehenden Pietistenbewegung Ende des 17. Jahrhunderts öffnete sich erstmals auch für Frauen die Universität, wenn auch als Folge der Auseinandersetzungen von Pietisten und Universitätsleitung. Die Kollegien zur Bibel fanden in deutscher Sprache außerhalb des Universitätsgeländes statt und waren damit zugänglich für die Leipziger Bürgerinnen und Bürger. Jedoch war diese Einrichtung nicht von Dauer und die Frauen wurden wiederum von der Bildung ausgeschlossen.
Der Drang des weiblichen Geschlechts nach gelehrtem Wissen war jedoch nicht mehr aufzuhalten. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts ist eine wachsende Teilnahme von Frauen am literarischen Leben festzustellen. Die Verwendung der Deutschen Sprache erleichterte den Zugang zu Wissenschaft und Literatur. In erster Linie waren das Frauen aus wohlhabenden oder gelehrten Familien, die über eine Tätigkeit als "Gehilfin" des Mannes oder über die Einrichtung von "Salons" Zugang zu gelehrten Kreisen und zu eigenen geistigen Leistungen fanden. Die 1725 als erste Frauenzeitschrift von Gottsched in Leipzig herausgegebenen Hefte "Die vernünftigen Tadlerinnen" trugen gleichfalls zur literarischen Ausbildung und zur Anregung eigener geistiger Tätigkeiten der Frauen bei.
Die nachstehenden Biographien von Frauenpersönlichkeiten des geistigen Lebens der Stadt Leipzig aus dem Zeitalter der Aufklärung sind Beispiele für diese Entwicklung.

Christiane Marianne Ziegler geb. Romanus (1695 - 1760)
 
Ziegler
  Christiane Marianne Ziegler
Die Tochter des Leipziger Kaufmanns und Stadtoberhauptes Franz Konrad Romanus kehrte als junge Witwe nach zweimaliger Ehe 1722 ins Elternhaus nach Leipzig zurück - der Vater saß zu dieser Zeit infolge gefälschter Stadtschuldscheine bereits in der Festung Königstein ein. Sie führte einen literarisch-musikalischen Salon und veranstaltete Konzerte und Lesungen, auch von selbst verfassten Gedichten. Künstler und Gelehrte der Stadt verkehrten bei ihr, so u.a. Bach, der sieben ihrer Oden vertonte, oder Gottsched, der sie in ihren dichterischen Versuchen bestärkte und in seinen Zeitschriften ihre Arbeiten veröffentlichte. 1731 wurde sie erstes weibliches Mitglied der unter Gottscheds Leitung stehenden "Deutschen Gesellschaft", eine Sozietät zur Erforschung und Förderung der deutschen Sprache und Literatur. Zweimal erhielt sie den Poesiepreis dieser Gesellschaft und 1733 verlieh ihr die Universität Wittenberg den Titel "Kaiserlich gekrönte Poetin".
Christiane Marianne Ziegler verfasste drei Bücher:

Sie greift in ihren Bänden vielfältige Themen auf, wie Moral, Erziehung, Ehe oder Bildung. So rät sie den Frauen:
    Der Tag hat viele Stunden,
    und bey dem eynen (Haushalt) muß das andere (Lernen) nicht versäumet werden.
Den Männern vermittelt sie ironisch:
    Du weltgepriesenes Geschlecht,
    Du in dich selbst verliebte Schaar,
    Prahlst allzu sehr mit deinem Rechte,
    Das Adams erster Vorzug war...
    Die Männer müssen doch gestehen,
    Daß sie wie wir, auch Menschen sind.
    Daß sie auch auf zwey Beinen gehen;
    Und dass sich manche Schwachheit findt.
    Sie trincken, schlafen, essen, wachen.
    Nur dieses ist der Unterscheid,
    Sie bleiben Herr in allen Sachen,
    und was wir thun, heißt Schuldigkeit.
Diese Verse sind Ausdruck einer für die damalige Zeit überaus selbstbewusst auftretenden Frau. Ihr selbstbestimmtes Frauenleben, basierend auf Wohlhabenheit und Bildung, verschaffte ihr den nicht alltäglichen Zugang zu den gelehrten Kreisen.

Luise Adelgunde Gottsched geb. Kulmus (1713 - 1762)

Gottschedin
 
Luise Adelgunde Gottsched  
L. A. Gottsched - die Gottschedin - kam 1735 nach Leipzig, nachdem sie in ihrer Heimatstadt Danzig den kurz vorher zum Professor ernannten hiesigen Gelehrten Johann Christoph Gottsched geheiratet hatte. Sie hatte eine gute Ausbildung im Elternhaus genossen und verfasste schon frühzeitig Gelegenheitsgedichte. So war Gottsched auf sie aufmerksam geworden. Sie führten seit 1729 einen regen Briefwechsel - auch zu geistigen Problemen - bis die finanzielle Grundlage zur Heirat gegeben war.
In Leipzig bildete sie sich weiter und war als Gehilfin ihres Mannes tätig; war seine Sekretärin und Bibliothekarin. Sie führte die Korrespondenz, schrieb Schriftstücke ab und beteiligte sich an Übersetzungen von Büchern und Zeitschriften. Zu den Werken ihres Gatten, wie "Sprachkunst", "Kritische Historie der deutschen Sprache" oder die sechs Bände der "Deutschen Schaubühne", führte sie eigenständige Voruntersuchungen oder lieferte Beiträge zu. Ihr Anteil am bibliographischen Lebenswerk Gottscheds ist nicht zu übersehen.
Das eigenständig verfasstes Werk "Geschichte der lyrischen Dichtkunst der Deutschen" fand keine Verbreitung, da in der von Vorurteilen geprägten Zeit kein Verleger bereit war, das geistige Produkt einer Frau zu drucken. Erfolgreich war sie als Verfasserin von Lustspielen, wenn auch teils als anonyme Autorin.
Die Gottschedin sah sich in erster Linie als Helferin ihres Mannes und nicht als Dichterin von Berufs wegen. Ihre Bedeutung liegt in ihren Beitrag zur Verbreitung der frühaufklärerischen Moral und Philosophie in Deutschland.

Friederike Caroline Neuber geb. Weißenborn (1697 - 1760)

Neuberin
 
Friederike Caroline Neuber  
Die aus dem Vogtländischen stammende Neuberin schloss sich nach der Flucht aus dem freudlosen Elternhaus verschiedenen Theatergruppen als Schauspielerin an. So kam sie erstmals 1727 zur Ostermesse nach Leipzig und erregte die Aufmerksamkeit von Gottsched. Sie schlossen ein künstlerisches Bündnis, das folgenreich für die Entwicklung des Theaters war, wenn es auch später mit einem Zerwürfnis endete.
1727 gründete die Neuberin ihre eigene Theatergruppe und erhielt das sächsische Privileg, das ihr erlaubte, "bey unverbothener Zeit aller Orten ungehindert zu agiren". Mit beißendem Spott und derben Knüppelschlägen verjagte sie 1737 in der Theaterbude bei Boses Garten in Leipzig den Hanswurst von der Bühne - eine symbolträchtige Tat für das deutsche Theater. Sie führte das Rollenstudium und damit die originalgetreue Wiedergabe der Schauspieltexte ein. Sie förderte mit der Aufführung der Stücke von Gellert, Lessing und Gottsched die neue Generation deutscher Bühnendramatiker. Selbst feierte sie als Charakterdarstellerin wahre Triumphe; auch als Schriftstellerin von Theaterstücken war sie erfolgreich.
Der Bruch mit Gottsched sowie finanzielle Schwierigkeiten ließen die Neuberin Leipzig verlassen und auf Tourneen durch den gesamten deutschen Sprachraum gehen. Die finanzielle Situation besserte sich nicht, so dass sie ihre Theatertruppe auflösen musste. Sie verstarb relativ verarmt und von ihrem Publikum vergessen in Dresden-Laubegast.
Die Neuberin gilt bis heute als eine bedeutende Persönlichkeit der Theaterkunst. Sie begründete das moderne Schauspiel und wurde Wegbereiterin des literarischen Theaters in Deutschland.

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