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Christian Fürchtegott Gellert,
Dichter der Aufklärung

 
Gellert
  Christian Fürchtegott Gellert
Christian Fürchtegott Gellert kam als neuntes von dreizehn Kindern am 4.Juli 1715 als Sohn eines Pfarrers in Hainichen bei Freiberg (Sachsen) zur Welt. Der Vater legte bei der Erziehung seiner Kinder besonderen Wert auf die Achtung vor der Obrigkeit und widmete der religiösen Unterweisung größte Aufmerksamkeit.
Von 1729 bis 1734 besuchte Gellert die Fürstenschule St. Afra in Meißen. Anschließend studierte er an der theologischen Fakultät der Universität Leipzig. Wegen Geldmangels mußte er 1739 bis 1740 sein Studium unterbrechen und sich als Hauslehrer seinen Lebensunterhalt verdienen. Von 1741 - 1744 studierte er dann weiter in Leipzig Literatur und Philosophie. 1744 schloß er das Studium mit einer Dissertation über Theorie und Geschichte der Fabel "De poesi apologorum eorumque scriptoribus" (Über die allegorische Poesie der alten Schriftsteller) ab. Danach war er zunächst als Dozent tätig und hielt Vorlesungen über Poesie, Rhetorik, Moral und Pädagogik an der Universität Leipzig. Von 1751 bis zu seinem Tod 1769 war er außerordentlicher Professor für Poesie, Beredsamkeit und Moral.

Er zählte zu den beliebtesten Professoren der Universität. Seine Moralvorlesungen verstand er als praktische Sittenlehre. Das Streben der Zeit der Aufklärung, das Kräftspiel der Natur mit Hilfe der Vernunft zu ordnen, fand in Gellerts Person, in der Verbindung von Universitätsgelehrtem und Dichter, eine ideale Erfüllung. Moral umfaßt bei ihm Gebote der Höflichkeit, sittliche Wohlanständigkeit sowie Frömmigkeit. Die Forderung, daß die Menschen einander helfen sollen, erscheint als erstes Prinzip des Naturrechts.
Er zog eine große Hörerschar an. Zu seinen Hörern zählte auch Johann Wolfgang Goethe, der bei ihm und Gottsched künstlerische Fächer hörte. Goethe schrieb über seine Studentenzeit 1765/68 u.a.:


Gellert war ein Mittler zwischen der Aufklärung und dem Zeitalter der Empfindsamkeit, der in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts in der deutschen Literatur vorherrschenden Stömung.

Fabeln
 
Noch vor seiner Berufung an die Universität war er mit den 1746 erschienenen Fabeln und Erzählungen bekannt geworden. Auch seine Lustspiele "Die Betschwestern" (1745), "Das Loos in der Lotterie" (1746), "Die zärtlichen Schwestern" (1746) und der Roman "Das Leben der schwedischen Gräfin von G..." (1747/48) erschienen davor.
Seine Fabeln und geistlichen Lieder waren sehr erfolgreich. Er stellte darin auf freundliche, oft komische und rührende, zeitweise auch satirische Art die alltäglichen Probleme des bürgerlichen Leipzig dar, wie Haushaltsführung, Erziehung, Ernährung, Mode und Familienleben. Sie sind von so hohem moralischen Anspruch geprägt, daß er über Sachsens Grenzen hinaus als Autorität galt. Die von ihm verfaßten Fabeln stehen in der Tradition von vor allem La Fontaine und stellen einen Höhepunkt dieser Gattung in der Zeit vor Lessing dar.
Der einzige Roman Gellerts, der Briefroman "Das Leben der schwedischen Gräfin von G..." (1747/48), war der erste bürgerliche Roman Deutschlands und trug wesentlich zur Einführung der Gattung im deutschen Sprachraum bei.
Mit der Übernahme der französischen Comédie larmoyante, einer Spielart des Dramas innerhalb der französischen Literatur des 18. Jahrhunderts, in seine Lustspiele, z.B. "Zärtliche Schwestern" (1747), überwand er den starren Rahmen der satirischen Typenkomödie, wie sie Gottsched verbindlich gemacht hatte, und legte die dramaturgische Grundlage für die Entwicklung des bürgerlichen Trauerspiels.
Er machte sich durch eine Sammlung vorbildlicher "Briefe nebst einer praktischen Abhandlung von dem guten Geschmacke in Briefen" (1751) verdient, indem er den Briefstil der natürlichen Sprechweise anglich:
    Man bediene sich also keiner künstlichen Ordnung, keiner mühsamen Einrichtungen, sondern man überlasse sich der freywilligen Folge seiner Gedanken und setze sie nacheinander hin, wie sie in uns entstehen: so wird der Bau, die Einrichtung, oder die Form eines Briefes natürlich seyn.
Das Ideal eines einfachen und zugleich individuellen Stils wurde einflußreich für die Briefliteratur des 18. Jahrhunderts.

Gellert starb vielbetrauert am 13.12.1769 in Leipzig und wurde auf dem Johannisfriedhof beigesetzt. 1790 wurden seine Gebeine an die Seite Johann Sebastian Bachs in die Johanniskirche umgebettet. Sein Sarkopharg blieb bei der Bombardierung 1943 unversehrt, kam 1949 in die Universitätskirche und anläßlich deren Sprengung 1968 auf den Südfriedhof.
Heute ist Gellert nur noch als Fabeldichter bekannt. Zu seiner Zeit war er aber einer der meistgelesenen Autoren. Gottsched und Gellert waren die literarischen Häupter der deutschen Aufklärung vor Lessing. Mit ihnen ging Leipzigs vorklassische Zeit zu Ende.

Quellen:
Honnefelder, G.: Christian Fürchtegott Gellert
in Hauschild, V. (Hrsg.): Die großen Leipziger, Frankfurt am Main und Leipzig 1998; S. 98 - 117
Riedel, H.: Chronik der Stadt Leipzig, Gudensberg-Gleichen 2001

1 Goethe, J.W.: Dichtung und Wahrheit, Frankfurt am Main und Leipzig 1975; S. 278

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