in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts
In der Mitte des 17. Jahrhunderts entstanden an der Universität Leipzig drei Gelehrtengesellschaften, in denen der Gedankenaustausch zu wissenschaftlichen, theologischen und anderen gemeinsam interessierenden Themen gepflegt wurde. Mitglieder dieser Sozietäten waren vorwiegend jüngere Magister und ältere Studenten. Auch die Vorstellung neuer literarischer Werke und Kompositionen sowie gemeinsamer Gesang und Wanderungen in das stadtnahe Umland wie das Rosental wurden gepflegt.
Die Leipziger Universitätsbibliothek ist in der glücklichen Lage, über einen umfangreichen Bestand an Protokollbänden von zumindest zwei dieser Kollegien zu verfügen. Daraus wird nicht nur die Fülle der behandelten Themen sichtbar, sondern auch die Mitglieder, die Struktur und die Arbeitsweise. Der Einfluss der Gesellschaften, die über Jahrzehnte bestanden, auf das wissenschaftliche Leben im Leipzig der Frühaufklärung kann nicht überschätzt werden.
Die Statuten der drei Gesellschaften waren ähnlich. Sie regelten die Ziele des Kollegiums, die Pflichten der Mitglieder, die Organisation der Arbeit, das Verfahren der Aufnahme neuer Mitglieder, den Umgang untereinander, die Finanzierung, die Verpflichtung zur schriftlichen Abfassung von Referaten und Protokollen sowie mögliche Ehrungen und Sanktionen. Die Sitzungen fanden in der Regel einmal wöchentlich statt. Sie begannen mit dem Vortrag eines Kollegen, über das anschließend mit der Verpflichtung zur Sachlichkeit diskutiert wurde. Referat und Diskussion wurden protokolliert (in Latein). Die Anzahl der Referate, die die Protokollbände in der Handschriftenabteilung der Universitätsbibliothek enthalten, wird auf 3000 geschätzt.
Das älteste der drei Kollegien war das Collgium Gellianum. Es wurde am 28. Novemder 1641, dem 1. Advent, gegründet. Zu seinen Mitgliedern zählten eine große Zahl späterer Professoren an verschiedenen Universitäten, Schulrektoren, Verwaltungsbeamte und Geistliche, darunter Caspar Ziegler, Johann Benedikt Carpzow, Otto Mencke, Joachim Feller. In den Sitzungen des Kollegiums wurden auf der Grundlage der Statuten vor allem Bibeltexte sowie Themen der griechischen und römischen Antike behandelt. Höhepunkte waren die festlich begangenen jährlichen Gründungsfeiern. Eine wichtige Rolle spielte die Musik, wozu auch Musiker der Stadt eingeladen werden konnten, auch zur Vorstellung neuer Kompositionen. Ebenso wurden lateinische Dichtungen behandelt. Die Themen und die Referenten wurden in der Regel jeweils für ein Jahr festgelegt, aber auch die Mitglieder selbst konnten Vorschläge unterbreiten. Im Verlaufe der 32 Jahre des Bestehens des Kollegiums wurden, wenn auch in geringem Umfang, naturwissenschaftliche Vorträge gehalten sowie aktuelle Probleme und andere interessierende Fragestellungen behandelt. Das Kollegium bestand bis zum Jahre 1673.
Nach dem Vorbild des Collegium Gellianum erfolgte am 02. Juli 1655 die Gründung des Collegium Anthologicum. Auch dessen Mitglieder nahmen später Positionen in Wssenschaft, Kirche und Staat ein. Nachstehend ein Auszug aus dem Mitgliederverzeichnis 1.
Mitglied war auch Leibniz während seiner Zeit als Student an der Universität Leipzig (1661-1666). Zweimal, 1665 und 1666, hatte er die Finanzen zu verwalten. Er ist auch mit Vorträgen aufgetreten, so mit einer Abhandlung zum Thema Akademien ("De collegiis"). Die Mitgliedschaft im Collegium Conferentium vermittelte Leibniz die Bekanntschaft mit einer Reihe von Gelehrten, mit denen er auch nach seinem Weggang aus Leipzig in Verbindung stand. Das Kollegium widmete ihm anlässlich seiner Promotion zum Doktor der Rechte an der Universität Altdorf ein Gratulationsgedicht.
Die nebenstehend abgebildete Seite aus dem Kassenbuch 2 des Kollegiums ist eine Abrechnung von Leibniz vom Juli 1666.
Hervorzuheben ist schließlich, dass alle drei Kollegien mit der Gründung und Herausgabe der ersten wissenschaftlichen Zeitschrift in Deutschland, der Acta Eruditorum, durch Otto Mencke im Jahre 1682 verbunden waren.
Quelle:
Döring, D.: Samuel Pufendorf und die Leipziger Gelehrtengesellschaften in der Mitte des 17. Jahrhunderts, Berlin 1989
1 Das Original befindet sich in der Handschriftenabteilung der Universitätsbibliothek Leipzig
2 Ebenso