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Die Französische Revolution von 1789 und ihre Auswirkungen auf Leipzig

Es brodelte schon geraume Zeit in Frankreich. Das Volk war unzufrieden mit dem Ancien régime, dem herrschenden Absolutismus des Königs Ludwig XVI. sowie den politischen und insbesondere wirtschaftlichen Verhältnissen. Die Gesellschaft war durch Geburt und Herkunft in drei Stände gegliedert: Geistlichkeit, Adel und restliche Bevölkerung. Der 3. Stand trug alle Staatsausgaben sowie die Abgaben an Kirche und Adel. Er hatte aber kein politisches Mitspracherecht. Der Staatshaushalt wurde durch hohe Ausgaben für das aufwendige Hofleben des Adels sowie für den Österreichischen Erbfolgekrieg, den Siebenjährigen Krieg und den Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg finanziell so belastet, dass der Staat Ende 1788 quasi bankrott war. Die bereits unter König Ludwig XIV. begonnene Rezession verstärkte sich. Eine Missernte verknappte zusätzlich das Lebensmittelangebot. Die Preise stiegen. Hunger breitete sich aus und die allgemeine Unzufriedenheit wuchs. Es kam zu ersten Bauernunruhen und Revolten schlecht bezahlter Arbeiter. Verstärkt wurden sie durch die Freiheitsgedanken des Amerikanischen Unabhängigkeitskriegs. Die Regierung sah sich außerstande, diese politische und wirtschaftliche Krise allein zu bewältigen und rief deshalb die Generalstände 1 ein.
Bei der Eröffnungssitzung am 5. Mai 1789 in Versailles forderte der König die Vollversammlung auf, nur die Staatsfinanzen zu sanieren. Die Regierung wollte den existierenden Absolutismus und das politische Gesellschaftssystem nicht antasten. Diese Änderung lag aber dem 3. Stand am Herzen. Sein Hauptanliegen war der Abstimmungsmodus 2, der zu ihrem Nachteil war. Entsprechend seinem Anteil von ca. 98% der Bevölkerung forderte er, allein im Namen der gesamten Nation abzustimmen. In diesem Sinne bezeichnet er sich als "Nationalversammlung". Der König war über deren Konstituierung empört und verwies sie des Saales. Deren Vertreter zogen daraufhin in das "Ballhaus", wo sie den feierlichen Schwur taten, "sich nicht eher zu trennen, bis man Frankreich eine Verfassung gegeben habe" (Ballhausschwur). Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Nachricht von diesen revolutionären Ereignissen in Paris über das ganze Land. Der König zog Truppen in Paris zusammen. Der Jubel über die Forderungen der Nationalversammlung mischte sich aber mit der Befürchtung, dass es zu Waffengewalt kommen könne. Paris glich einem Hexenkessel. Arbeiter, Studenten und desertierte Soldaten standen wild diskutierend zusammen oder zogen durch die Straßen. Es kam zu ersten Rempeleien mit Soldaten des Königs. Die Nationalversammlung ließ eine bewaffnete Nationalgarde aufstellen, um Schlimmeres zu verhindern. Doch es gärte weiter.


Sturm auf die Bastille
 
Sturm auf die Bastille  
Am 14. Juli 1789 versammelte sich die Bevölkerung der Vororte. Sie wollten frei sein. Sie stürmten das Zeughaus des Heeres, um sich zu bewaffnen, und zogen entlang der Seine, bis auf einmal der Ruf ertönte: "Auf zur Bastille!" 3. Man wollte die Gefangenen des Königs befreien. Kanonen der Belagerer wurden in Stellung gebracht. Es gab Tote. Vier Stunden dauerte der Kampf, als es den Aufständischen gelang, die Zugbrücke der Bastille zu erobern. Sie stürmten die Festung, überwältigten die Besatzung und befreiten die Gefangenen. Ein erster Sieg des Volkes war errungen. Er war ein Fanal. Die Kunde vom Sturm auf die Bastille verbreitet sich wie ein Lauffeuer. "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit" schallte es durch das Land. Die Nationalversammlung wurde von diesen Forderungen überrascht.
Der König versuchte einzulenken, doch das Volk verselbständigte sich. Für viele Kleinbürger, abhängige Bauern und Leibeigene waren die Ereignisse in Paris ein Sturmsignal. Sie stürmten Rathäuser, zerrissen Besitzurkunden, und steckten Schlösser und Herrenhäuser in Brand, Anarchie brach aus. Mühsam versuchte die Nationalversammlung, eine gewisse Ruhe und Ordnung wieder herzustellen, Vertretungen wie Gemeinderäte im ganzen Land einzusetzen, alte Privilegien abzuschaffen und Frankreich eine neue Verfassung zu geben. Die Kunde von den revolutionären Ereignissen verbreitete sich in ganz Europa. Die Forderungen der Revolutionäre wirkten wie eine Zauberformel. Frankreich versank allmählich in ein revolutionäres Chaos. Doch europaweit wollten die Menschen es ihnen gleich tun. Auch sie wollten frei sein.

Sachsen litt während dieser Zeit noch unter den Folgen des Siebenjährigen Krieges (1756-63). Es hatte auf Seiten der Österreicher gekämpft und somit gegen Preußen unter Friedrich II. verloren. Sachsen verlor die polnische Krone und den Status einer europäischen Großmacht. Es wurde von Kurfürst Friedrich August III regiert. Das war eine Zeit der Not, aber es wurde viel für den politischen und wirtschaftlichen Aufschwung getan. Die revolutionären Gedanken aus Frankreich wurden auch hier gehört. Aufstände wie in Frankreich brachen aber nicht aus. Erst 1790 wurden Bauerunruhen gegen die repressive Obrigkeit der Landbesitzer und weniger gegen die Regierung bekannt. Diese Unruhen hatten aber nicht diese Dynamik wie in Frankreich. Die Revolution begann in Sachsen eher im Kopf als auf der Straße. Es gab ein lebhaftes Interesse an dem Ereignis "Französische Revolution". Dennoch hatte die Stadt Leipzig und ihre Universität eine gewisse Revolutionsangst. Der Staat wollte eine Revolution verhindern und verbreitete das Motto: "Aufgeklärte Bürger werden keine Revolutionäre" 4.
Die Professoren der Universität Leipzig erhielten als "Zensurkollegium" die Aufgabe, alle Schriften in Leipzig zu zensieren, um mögliche revolutionäre Einflüsse zu verhindern. Teile des Bürgertums sowie die Intelligenz intensivierte unter dem Einfluss des revolutionären Gedankengutes ihre Kritik an der absolutistischen Herrschaft im Kurfürstentum Sachsen. Trotz aller staatlichen Einflüsse wurde auch die Universität Leipzig vom "revolutionären Bazillus" infiziert. Der Mediziner und Philosoph Ernst Platner bekannte sich zur Revolution, aber nicht öffentlich 5. Der Philosoph Johann Gottlob Born, ein Vertreter der Lehren Immanuel Kants, brachte 1792 sein Sympathie für die neuen Verhältnisse in Frankreich öffentlich zum Ausdruck. Es erfolgte von Seiten des Staates Untersuchungen und die Verhängung einer Geldbuße. Ähnlich erging es auch dem Philologen Johann Friedrich Hilscher nach seinen kritischen Äußerungen. Nachdem ein Ermittlungsverfahren gegen ihn eingeleitet wurde, verließ er die Universität und nach zwei Jahren konspirativen Wirkens in Leipzig emigrierte er nach Frankreich 6.

1 Die Generalstände waren eine politische Vertretung der drei Stände im französischen Königreich und wurden erstmals 1302 einberufen.
   Sie hatten das alleinige Recht der Bewilligung allgemeiner Steuern. Sie wurden jedoch 1614 durch das absolutistische Königtum völlig
   ausgeschaltet.
2 Der Abstimmungsmodus beinhaltete jeweils 300 Stimmen für den 1. und 2. Stand, 600 Stimmen für den 3. Stand, insgesamt also 1.200
   Stimmen. Wenn der 1. und 2. Stand gemeinsam abstimmten, ergab sich eine Pattsituation, in der nur der König entscheiden konnte.
3 Die Bastille war eine alte mit hohen Türmen bewehrte Festung aus dem Mittelalter inmitten von Paris, die seit Jahrhunderten als
   Staatsgefängnis benutzt wurde. In der Bastille waren zu diesem Zeitpunkt nur sieben Gefangene inhaftiert, die von einem Kommandanten
   mit sechs Invaliden bewacht wurden.
4 Vgl. Döring, D.: Die Französische Revolution von 1789 und ihre Auswirkungen im Blick der Universität Leipzig, Manuskript des Vortrags
   auf der Tagung der Historischen Kommission der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig; Universitätsgeschichte als
   Landesgeschichte. Die Universität Leipzig in ihren territorialen Bezügen, Leipzig 2004.
5 Vgl. ebenda
6 Vgl. Krause, K.: Alma mater Lipsiensis, Geschichte Universität Leipzig von 1409 bis zur Gegenwart, Leipzig 2003; S. 94 f.


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