Professor für Psychologie
Wilhelm Wundt wurde am 16. August 1832 in Mannheim-Neckarau geboren. 1851-56 studierte er Medizin und daneben Botanik, Chemie, Physik, Anatomie und Physiologie in Tübingen, Heidelberg und Berlin. In Heidelberg machten die Vorlesungen von Robert Wilhelm Bunsen, dem Begründer der physikalischen Chemie, großen Eindruck auf Wundt. Überhaupt interessierten ihn physiologisch-chemische Probleme immer mehr. 1858-63 war er Assistent in Heidelberg unter Ewald Hasse, Hermann von Helmholtz und Robert Wilhelm Bunsen. Als Assistenzarzt stellte er sein Grenzen überschreitendes Denken unter Beweis: Einige seiner Patienten litten an Lähmungen von Haut und Muskeln. Wundt diagnostizierte psychische Ursachen - entgegen der Lehrmeinung, die dem Leiden körperliche Gründe zuschrieb. Seine Beobachtungen beschrieb und veröffentlichte er in seinem Buch "Beiträge zur Theorie der Sinneswahrnehmung". 1856 wurde er "Mit höchstem Lobe" promoviert. 1857 Habilitation für Physiologie. Er lehrte in Heidelberg über die gesamte Physiologie mit Demonstrationen und Experimenten.
Über die Naturwissenschaft kam er - entsprechend seiner Prämisse der Über-einstimmung von Körper und Seele - endgültig zur Psychologie. In dieser Zeit umfasste Wundts Publikationsliste bereits 51 Titel. 1864 wurde er außerordentlicher Professor für Anthropologie und Medizinische Psychologie. 1874 erfolgte seine Berufung auf den philosophischen Lehrstuhl an der Universität Zürich.
Wilhelm Wundt |
Wundt befasste sich jahrelang auch mit Studien über Kunst, Sprache, Mythen, Sitten der Völker und veröffentlichte hierzu eine 10-bändige "Kulturpsychologie der Völker". Außerdem stand er mit bedeutenden Leipziger Gelehrten wie dem Historiker Karl Lamprecht, dem Physiker Gustav Theodor Fechner und dem Chemiker Wilhelm Ostwald in regem Austausch. 1889/90 war Wundt Rektor der Universität. Am 30. Juli 1909 hielt er die Festrede zur Feier des fünfhundertjährigen Bestehens der Universität Leipzig 1. 1915 erfolgte seine Emeritierung.
Neben dem bis zu seinem Tod unermüdlichen Gelehrten gab es aber noch einen anderen Wundt, den politisch aktiven. Auf dem linken Flügel der liberalen badischen Fortschrittspartei stehend, unterstützte er liberale Reformen. In den 1860er Jahren engagierte er sich in der deutschen Arbeitervereinsbewegung und war Mitbegründer des Heidelberger Arbeiterbildungsvereins. Von 1864-68 vertrat er den Wahlkreis Heidelberg in der Zweiten Kammer der Badischen Landstände. Insbesondere nahm er sich akademischer Themen und Schulfragen an. So machte sich Wundt für eine Gesetzgebung stark, die den privilegierten Status von Studenten vor Gericht beendete. Er brachte auch die hart umstrittene Säkularisation der öffentlichen Schulen voran.
Wundt starb am 31. August 1920 im Alter von 88 Jahren in Großbothen bei Leipzig. Er wurde 1902 Ehrenbürger der Stadt Leipzig und 1907 der Stadt Mannheim. In Leipzig sind eine Straße und ein Platz nach ihm benannt. Er publizierte insgesamt ca. 500 Werke und ist damit vermutlich einer der produktivsten Wissenschaftler aller Zeiten. Er postulierte, dass Körper und Geist getrennt existieren, betrachtete sie aber als gleichwertig. Darauf begründete er die experimentelle Psychologie und wurde zum Wegbereiter der Psychologie als eigenständige Wissenschaft. Ihm zu Ehren wird von der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (DGP) die "Wilhelm-Wundt-Medaille" verliehen. Diese Auszeichnung wird an Forscherpersönlichkeiten vergeben, die durch bedeutende Arbeiten in der empirisch-psychologischen Grundlagenforschung fachliche Anerkennung erfahren.
Quellen:
Wundt, W.: Das Institut für Experimentelle Psychologie, in: Festschrift zur Feier des 500jährigen Bestehens der Universität Leipzig,
Band 4 Teil I; Leipzig 1909, S. 118 - 133
Krause, K.: Alma mater Lipsiensis Geschichte der Universität Leipzig von 1409 bis zur Gegenwart; Leipzig 2003, S. 181/182
http://www.uni-leipzig.de/~psy/wundt.html
http://www.mannheim.de
http://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_Wundt
1 In: Die Feier des fünfhundertjährigen Bestehens der Universität Leipzig. Amtlicher Bericht im Auftrag des akademischen Senats.
Erstattet von Karl Binding; Leipzig 1910, S. 158 - 183