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Die Gründung der Erdbebenwarte in Leipzig (1902)


 
Hermann Credner Büste
im Institut für Geophysik und Geologie
 
Spürbare Erdbeben um 1875 veranlassten den Leipziger Paläontologen und Geologen Carl Hermann Credner, genaue Informationen über solche Ereignisse zu sammeln und auszuwerten. Er wurde 1869 Privatdozent für Geognosie und Paläontologie an der Universität Leipzig und 1895 zum ordentlichen Professor für Geologie und Paläontologie der Philosophischen Fakultät berufen.
1898 gründete Credner für Sachsen eine Erdbebenkommission, der 55 gebildete Personen aus dem ganzen Land und dem böhmischen Grenzgebiet angehörten. Diese "Erdbeben- referenten" hatten die Aufgabe, eigene und fremde Beobachtungen über Erderschütterungen auf der Grundlage eines Fragebogens zu sammeln und nach Leipzig zu melden. Eisenbahnstationen wurden von ihrer Direktion angewiesen, von eventuellen Erderschütterungen sofort telegraphisch zeitgenaue Meldung zu machen. Der Erdbebendienst Sachsens war damals die einzige straff organisierte derartige Einrichtung in Deutschland. Dadurch wurden im Zeitraum 1875 - 1901 nicht weniger als 62 Beben erfasst, die vor allem vom Vogtland und vom Südhang des Erzbebirges ausgingen. Diese konnten als tektonische Beben im Zusammenhang mit dem dortigen geologischen Aufbau klassifiziert werden.
Weil diese Beobachtungen Grenzen hatten und die technische Entwicklung der Seismometer beachtliche Fortschritte gemacht hatte, richtete Credner 1902 im Keller des Hauses Talstr. 35 in Leipzig, dem heutigen Institut für Geophysik und Geologie, eine Erdbebenwarte ein. Das installierte Pendelseismometer war von Emil Wiechert (1861-1928) entwickelt worden. Es stand auf einem massiven Beton-Sockel, der 1,2 m tief in den Baugrund eingelassen war. Das Pendel hatte eine Masse von 1100 kg. Für den Erwerb standen 1400 M und für den Unterhalt 250 M jährlich zur Verfügung 1.
Die automatische Registrierung des Seismometers in 250-facher Vergrößerung machte auch Signale aus fernen Gebieten der Erde in guter Qualität auf einem berußten Papierstreifen sichtbar. Im selben Jahr wurde bereits ein Fernbeben aus dem Raum der Molukken (Indonesien) und Wochen später ein Nachbeben aus diesem Raum registriert. Ein weiteres Fernbeben, das Kaschgar-Beben (China), wurde im August 1902 aufgezeichnet. Von 1902 bis 1907 wurden insgesamt 470 Fernbeben registriert. Davon hatten 50 ihr Epizentrum in verschiedenen europäischen Ländern, die meisten außereuropäischen Beben in Zentralasien und rund um den Pazifischen Ozean.
Neben den seismischen Erdbeben wurden auch alle von nichtseismischen Erschütterungen verursachten Schwingungen aufgezeichnet. Daraus ergab sich, dass der Leipziger Boden nie in absoluter Ruhe, sondern in ständiger, wenn auch schwächster, rasch vibrierender Bewegung war.
Wegen der Konzentration der sächsischen Beben im Vogtland wurde im August 1905 eine Außenstelle in Plauen i.V. mit einem kleineren Seismometer von 200 kg Pendelgewicht eingerichtet. Sachsen schloss sich auch der 1904 gegründeten "Internationalemn seismologischen Staatenassoziation" an.

Quellen
Die Erdbebenwarte,
in: Festschrift zur Feier des 500jährigen Bestehens der Universität Leipzig, Band 4 Teil II; Leipzig 1909, S. 125 - 130
http://de.wikipedia.org/wiki/Hermann_Credner (eingesehen am 06.05.2006)
http://www.dgg.tu-berlin.de/tagungen/dgg2002/abstracts/GS/Jacobs_V.htm (eingesehen am 06.05.2006)

1 Stieda, W.: Die Universität Leipzig in ihrem 1000. Semester, Leipzig 1909, S. 168


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