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Das "Katastrophenjahr" 1923 und die Auswirkungen der Inflation auf die Universität

Das Jahr 1923 ist gekennzeichnet durch eine Geldentwertung in einem bis dahin nicht gekannten Ausmaße. Die politischen Wirren der Weimarer Republik sowie die sich verschärfenden Bedingungen der Reparationszahlungen nach dem Versailler Vertrag hatten eine unkontrollierte Inflation in Gang gesetzt, die im Herbst dieses Jahres ihren Höhepunkt erreichte. Bis zur Stilllegung der "Notenpressen" am 15.11.1923 waren ca. 10 Milliarden Geldzeichen mit einem Nennbetrag von 3877 Trillionen Mark in dem "Katastrophenjahr" gedruckt worden.

Inflationsgeld
 
Wie ein Großteil der Bevölkerung hatten auch die Studenten der Universität unter der extremen inflationären Entwicklung zu leiden. 84 % der Studenten lebten unter Sozialniveau, über 60 % mussten mit Neben- beschäftigungen ihr Studium selbst verdienen. Die allgemeine Wohnungsnot bei steigenden Mieten, die angespannte Heizungs- und Stromversorgung sowie die Verpflegungs- notlage waren Herausforderungen, denen sich die Studenten im täglichen Überlebenskampf stellen mussten. Studentische Initiativen, wie die Eröffnung der Mensa - hier konnten 1923 täglich bis zu 1700 Studenten verpflegt werden - oder die Einrichtung einer Darlehnskasse, von Bücher- und Wäscheverleihen sowie Schreibmaschinenstuben konnten die Not zwar etwas lindern. Insgesamt drohten jedoch die wirtschaftlichen Probleme die Lern- und wissenschaftliche Arbeit an den Rand zu drängen.

Trotz der auch für die Universität angespannten Finanzlage wurde der Studienbetrieb ohne Unterbrechung durchgeführt. Es erfolgten keine drastischen Stellenkürzungen am Lehrkörper - nur drei Professuren wurden gestrichen. Die Studentenzahlen waren z.B. im Sommersemester 1923 mit 5.630 relativ hoch und seit Beginn der Weimarer Republik nahezu konstant geblieben. Auffallend ist der hohe Anteil der aus Sachsen stammenden Studenten in dieser Zeit, wohl in den für "Weitgereiste" oft schwieriger zu bewältigenden komplizierten Lebensbedingungen begründet.
Auch die strukturelle Entwicklung der Hochschule wurde zwar gebremst, aber doch weitergeführt. Die bereits vor dem Krieg begonnene Einrichtung einer neuen Fakultät konnte beendet werden; zum Wintersemester 1923/24 wurde der Lehrbetrieb in der Veterinärmedizinischen Fakultät aufgenommen. Die Erweiterung der Universitätsbauten konnte ebenfalls fortgesetzt werden. Bis 1923 wurde z.B. der Neubau für das Röntgeninstitut an der Chirurgischen Klinik fertig gestellt, einer der ersten seiner Art in Deutschland.

So gelang es der Universität Leipzig, diese schwierige Zeit ohne größeren Substanzverlust zu überstehen und ihre Stellung als drittgrößte Universität in Deutschland nach Berlin und München zu behaupten.

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