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Die internationale Isolierung der Universität
als Folge des Krieges

Der Erste Weltkrieg hatte die deutschen Universitäten von der wissenschaftlichen Zusammenarbeit mit ausländischen Einrichtungen abgeschnitten und damit war auch der Anschluss an den internationalen Stand von Forschung und Lehre verloren gegangen. Hatte die Leipziger Universität noch um die Jahrhundertwende und vor 1914 mit ihren herausragenden Gelehrten und deren wissenschaftlichen Leistungen eine hohe internationale Anerkennung gefunden - u.a. waren 14 Nobelpreisträger1 dieser Zeit durch Studium, Promotion, Habilitation, als wissenschaftliche Mitarbeiter oder Professoren mit der Universität verbunden - war nach Kriegsende ein Neuanfang erforderlich.

Die allgemeine Finanznot verhinderte einen schnellen Lückenschluss der internationalen wissenschaftlichen Literaturbestände als Ausgangsbasis für den Aufholprozess. Man erwog sogar aus eben diesen Gründen, die Universitätsbibliothek mit der am Ort ansässigen Deutschen Bücherei zusammenzulegen. Auch der Druck deutscher wissenschaftlicher Fachzeitschriften und Monographien war aus finanziellen Gründen begrenzt, so dass die einst weltweite Wertschätzung stark zurückging.
Mit dem Beitritt zur 1920 gegründeten "Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft" - der späteren "Deutschen Forschungsgemeinschaft" - sowie der am 19. Juni 1920 gebildeten "Vereinigung von Förderern und Freunden der Universität Leipzig e.V.", die auch heute wieder besteht, wurde versucht, Mittel aus privaten Quellen für die Wissenschaftsentwicklung und für Publikationen zu gewinnen. Das gelang jedoch nur in bescheidenem Umfang.
Die Auslandsbeziehungen der Universität waren lange Zeit vom Boykott der deutschen Wissenschaft durch die Signatarstaaten des Versailler Vertrages belastet. Noch 1925 beklagte Rektor Franz Rendtorff, dass die Wissenschaft weiter vom internationalen Austausch ausgeschlossen sei. Erst mit dem Locarno-Vertrag (Oktober 1925) und dem Eintritt Deutschlands in den Völkerbund (1926) begannen sich die Wissenschaftsbeziehungen zu normalisieren. Der durch den Krieg unterbrochene akademische Austausch mit Frankreich kam langsam wieder in Gang, aktiviert durch die auf Völkerverständigung setzenden Wissenschaftler, wie Hans Driesch, den Direktor des Philosophischen Seminars der Leipziger Universität. Bei vielen Professoren stießen diese Aktivitäten jedoch aus revanchistischen Gründen gegenüber dem Nachbarland auf geringe Zustimmung.
Zu anderen, "neutralen" Ländern entwickelten sich die Kontakte seit Mitte der 20-er Jahre relativ problemlos. So wurde z.B. die Tokioter Universität mit Bücherspenden unterstützt, um die Verluste durch das Erdbeben 1923 zu mildern. Um die Zusammenarbeit mit der UdSSR bemühte sich vor allem der Leiter der Osteuropa-Abteilung des Instituts für Kultur- und Universalgeschichte, Friedrich Braun. Zusammen mit namhaften Gelehrten anderer Fachdisziplinen der Universität stellte er im Auftrag des Volkskommissars für Bildungswesen der UdSSR eine vierbändige systematische Bibliographie der deutschen wissenschaftlichen Literatur der Jahre 1914 - 1921 zusammen. Braun wurde 1925 korrespondierendes Mitglied der Akademie der Wissenschaften der UdSSR.

Der Anteil ausländischer Studenten blieb in Leipzig im Vergleich zum Vorkriegsstand nahezu unverändert. Mit 12 bis 14 % lag er deutlich über dem Durchschnitt der deutschen Universitäten (7,7 % im Sommersemester 1925 2). Die Studierenden kamen überwiegend aus Südosteuropa, aber auch aus Polen und der Sowjetunion. In dieser Beziehung wurde die Universität international nicht isoliert. Eine Ursache dafür war auch der Verfall der Reichsmark, durch den sich die Studienkosten für Ausländer verringerten.

1 Krause, K.; Alma mater Lipsiensis - Geschichte der Universität Leipzig von 1409 bis zur Gegenwart, Leipzig 2003, Seiten 492 - 500
2 Ebenda, Seite 249

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