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Erich Everth

1916 wurde auf Initiative Karl Büchers an der Universität Leipzig das erste Institut für Zeitungskunde in Deutschland gegründet. Ziel des Instituts war, angehenden Journalisten eine fundierte Ausbildung zu bieten, um das Niveau der Presse zu heben und für die Presse eine Stätte der wissenschaftlichen Forschung zu schaffen.
1926 wurde in Leipzig die erste ordentliche Professur für Zeitungskunde Deutschlands eingerichtet. Der erste Lehrstuhlinhaber und Direktor des Instituts war Erich Everth.


Erich Everth
 
Erich Everth  
Erich Everth wurde am 3. Juli 1878 in Berlin als Sohn eines Kaufmanns geboren. Ab 1898 studierte er an den Universitäten Berlin und Leipzig Jura, Philosophie, Kunstwissenschaften und Psychologie. 1909 wurde er an der Philosophischen Fakultät der Universität Leipzig promoviert.
Danach arbeitete er als Journalist für große Zeitungen, zunächst die Rheinisch-Westfälische Zeitung und die Magdeburgische Zeitung. Nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges ging er an die Ostfront, dann als Referent zur Pressestelle beim Stab des Oberbefehlhabers Ost. Nach Kriegsende war er journalistisch für verschiedene Zeitungen tätig, u.a. das Berliner Tageblatt, das Leipziger Tageblatt und die Vossische Zeitung.
Er vollzog in der Weimarer Republik einen Wandel von monarchisch-nationaler zu liberal-demokratischer Einstellung. Neben der publizistischen Tätigkeit in der Tagespresse verfasste er zahlreiche Aufsätze ästhetischen, kunstwissenschaftlichen und kunsthistorischen Inhalts.

Am 1. November 1926 wurde er an die Universität Leipzig als Ordinarius für Zeitungskunde und Direktor des Instituts berufen. Die Zeitungskunde steckte damals noch in den Anfängen. Nach Everths Auffassung sollte die Zeitung "als Sozialform in sich" im öffentlichen Leben neben wirtschaftlichen auch soziale Probleme behandeln. Außer den neuen psychologischen und soziologischen Fragestellungen schlug er eine neue Verfahrensweise vor. Er wollte, ausgehend von den horizontalen und vertikalen Besitzverhältnissen der deutschen Presse, die Organisation der Zeitungsbetriebe mit den Methoden der Organisationssoziologie untersuchen.
Er sah Journalismus und Zeitung als soziale Formen, die mit allen anderen gesellschaftlichen Institutionen und Systemen in Wechselwirkung stehen und wies ihnen eine zentrale Funktion in Gesellschaft und Öffentlichkeit zu, die Vermittlung zwischen der Welt und dem Einzelnen.

Erich Everth war der einzige Zeitungswissenschaftler, der nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten 1933 nicht in die allgemeine Begeisterung der Presse einstimmte. Auf dem Kongress "Das Freie Wort" in Berlin am 29. Februar 1933 wandte er sich vehement gegen die Eingriffe der Nationalsozialisten in die Meinungs- und Pressefreiheit.
Gegen Everth wurden politische Ermittlungen eingeleitet. In einem Schreiben des Sächsischen Ministeriums für Volksbildung heißt es, dass Everths Einstellung "in keiner Weise vereinbar wäre mit den Forderungen, die an einen Hochschullehrer im neuen Staat gestellt werden müssen". Am 29. April 1933 wurde er zwangsbeurlaubt und am 30. September 1933 emeritiert.
Everth starb am 22. Juni 1934 in Leipzig.

Quellen:
Koenen, E.: Journalismus als soziale Form gedacht. Zum 70. Todestag von Erich Everth. In: Journal Universität Leipzig., Heft 4/2004, S. 28
http://www.uni-leipzig.de/~hsk/pgs/ausstellung/02_70jahre.htm, eingesehen am 23.01.2008
http://de.wikipedia.org/wiki/Erich_Everth, eingesehen am 23.01.2008


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