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Das Frauenstudium von 1933 bis 1945

Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten verschärfte sich die Situation von Studentinnen. Weiblicher Intellekt wurde abgelehnt. Die Ideologie beschränkte die Frau auf die Hausfrauenrolle. Die Mutterschaft wurde überbetont. Arbeit von Frauen passte nur als direkte Arbeit für die Familie oder als Ersatzarbeit für den in den Krieg gezogenen Mann in die Ideologie. Die Nationalsozialisten standen einer Berufstätigkeit und einer akademischen Bildung von Frauen ablehnend gegenüber.

Bereits am 25. April 1933 wurde mit dem "Gesetz gegen die Überfüllung deutscher Schulen und Hochschulen" die Zahl der Studenten reduziert. Davon waren nicht ausschließlich, aber verschärft Frauen betroffen. Die Zahl der Studienanfänger sollte in jedem Jahr auf maximal 15.000 begrenzt werden, wovon nur 10 % weiblich sein durften. Es kann hier von einem Numerus Clausus für Frauen gesprochen werden. Außerdem wurden Abiturientinnen nur dann zum Studium zugelassen, wenn sie vorher ein halbes Jahr Dienst für den nationalsozialistischen Staat getan hatten, z.B. in Frauenarbeitsdienstlagern.

Von 1933 bis 1935 ging die Zahl der weiblichen Studenten in Deutschland von 17.685 auf 10.190 zurück. 1938 waren es 6.337 1. Auch an der Universität Leipzig gab es eine "Abschwungphase" bei den Studentinnenzahlen, die 1933 einsetzte und bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges anhielt. Im Sommersemester 1939 gab es nur noch 166 weibliche Studenten, nachdem im Wintersemester 1932/33 noch 1.069 Studentinnen immatrikuliert waren 2. Ursachen dafür waren nicht nur die Vorbehalte gegen das Frauenstudium, sondern auch demographische Gründe, denn die geburtenschwachen Jahrgänge des Ersten Weltkrieges kamen in das Hochschulalter, außerdem die Zugangsbeschränkung für weibliche Abiturienten und die wirtschaftliche Situation vieler Familien, die es sich nicht mehr leisten konnten, ihre Töchter studieren zu lassen.

Am 9. Februar 1935 wurde die Zulassungsbeschränkung für Frauen wieder aufgehoben. Die Studentenzahlen waren wegen des beschleunigten Aufbaus der Wehrmacht stärker als erwartet zurückgegangen (um ca. 40 %), und ein akademischer Nachwuchsmangel setzte ein. Das Frauenstudium wurde quasi "rehabilitiert". Ab 1938 wurde sogar für das Frauenstudium geworben. An den Hochschulen konnten die Frauen den Männern keine Plätze wegnehmen, da viele ihr Studium wegen des Einsatzes an der Front unterbrechen mussten. 1939 betrug der Anteil der Frauen an der Gesamtstudentenzahl 12,6 %, 1941 58,8 %. In Leipzig stieg die Zahl der weiblichen Studenten von 166 im Sommersemester 1939 sprunghaft zum Herbsttrimester 1939 auf 584 an, sank im zweiten Trimester 1940 auf 325 und stieg bis zum Wintersemester 1942/43 wieder auf 852 an 3.

Nach 1933 gab es ein Übergewicht von Studentinnen vor allem an den Philosophischen Fakultäten. Viele Frauen strebten das höhere Lehramt als Berufsziel an, manchen ging es auch nur um eine gute Allgemeinbildung. Es war eine Konzentration auf die Fächer Neue Sprachen, Germanistik und Leibeserziehung festzustellen.
An der Medizinischen Fakultät Leipzig gab es im Wintersemester 1932/33 288 Studentinnen. Diese Zahl ging bis zum Sommersemester 1939 bis auf 85 zurück. Zum Herbsttrimester 1939 stieg die Zahl der Studentinnen sprunghaft an, es waren 52,6 Prozent der Medizinstudenten weiblich 4.
Das hatte vermutlich zwei Gründe. Erstens galt das Medizinstudium bei den Nationalsozialisten als "wesensgemäß weiblich". Frauen waren besonders für die Berufe der praktischen Ärztin und Kinderärztin vorgesehen. Zweitens entschieden sich die Frauen für Studienfächer mit konkreter Berufsaussicht. Diese waren im Rahmen von nationalsozialistischen Gesundheitsprojekten, der Sportmedizin und der gesundheitlichen Betreuung der Hitlerjugend und im BDM für Frauen gut.
An der Theologischen und der Juristischen Fakultät studierten wenig bis gar keine Frauen. In diesen Bereichen gab es für Frauen keine beruflichen Perspektiven, erstens wegen des Berufsverbots für weibliche Juristen und zweitens wegen der patriarchalischen Haltung der Kirchen.

Im Nationalsozialismus wurden den Frauen folgende Rechte genommen: Sie verloren das passive Wahlrecht, wurden aus dem öffentlichen Dienst gedrängt, durften nicht mehr Anwälte oder Richter werden, wurden zu Habilitationen nicht mehr zugelassen, obwohl das Recht dazu auf dem Papier weiter bestand.
Der Verlust des passiven Wahlrechts bedeutete, dass Studentinnen nicht in studentische Interessenvertretungen gewählt werden durften. Die Arbeitsgemeinschaft Nationalsozialistischer Studentinnen (ANSt) war bereits 1930 als dem NSDStB angegliederte Organisation der NS-Studentinnenbewegung gegründet worden. Deren Arbeit bestand aus drei Schwerpunkten, erstens aus dem Frauendienst, der Lehrgänge zur Kriegsvorbereitung wie Luftschutz, Erste Hilfe und Nachrichtenwesen organisierte, zweitens aus sozialer Arbeit wie Sammlungen für das Winterhilfswerk, Nähstuben, Kinderbetreuung, Haushaltseinsätze und drittens Gemeinschaftspflege mit musischen Aktivitäten. Die Studentinnen sollten damit dem NSDStB erhalten bleiben, aber politisch keine Konkurrenz für die männlichen Studenten darstellen.

Fußnoten
1 Vgl. http://lisa.mmz.uni-duesseldorf.de/~histsem/jugendkultur/ort-lex/StudentInnen__Universitaeten%20Drittes_Reich.htm, eingesehen am 05.03.2008
2 Vgl. Sabine Steffens, Zur Geschichte des Frauenstudiums an der Universität Leipzig 1933-1945, in von Hehl, Ulrich (Hg.), Sachsens Landesuniversität in Monarchie, Republik und Diktatur. Beiträge zur Geschichte der.Universität Leipzig vom Kaiserreich bis zur Auflösung des Landes Sachsen 1952, Leipzig 2005, S. 475 - 495.
3 ebenda
4 ebenda

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