Renate Drucker war von 1950 an 27 Jahre lang bis zu ihrer Pensionierung Leiterin des Archivs der Universität Leipzig. Außerdem war sie Professorin für Historische Hilfswissenschaften an der Karl-Marx-Universität.
Am 11. Juli 1917 wurde sie in Leipzig als jüngste Tochter des Juristen Dr. Martin Drucker geboren. Sie besuchte in Leipzig eine Mädchenschule, legte ihr Abitur aber 1936 an der renommierten Schule Schloss Salem ab.
Ab 1936 studierte sie in Leipzig Geschichte, Germanistik, Anglistik und Orientalistik. Da ihr Vater Halbjude war, wurde sie bereits nach dem 3. Semester 1938 der Universität verwiesen. Sie erhielt Hausverbot für die Historischen Institute. Ab 1941 durfte sie zwar weiter studieren, aber als "Mischling zweiten Grades" kein Staatsexamen ablegen und nicht promovieren. Zwei Professoren aus Leipzig waren an die neu gegründete Reichsuniversität Straßburg gegangen, bei denen Renate Drucker gern weiter studieren wollte. So ging sie 1942 nach Straßburg und durfte dort sogar am 23. November 1944 promovieren, obwohl die Straßburger Universität als "NS-Kampfuniversität" galt.
Nach dem Kriegsende arbeitete sie als Sekretärin im Leipziger Berufsausschuss der Rechtsanwälte und Notare. Nebenher war sie von 1947 bis 1950 als Lehrbeauftragte für mittelalterliches Latein an der Universität tätig.
Renate Drucker 2004 |
In ihrer Amtszeit als Archivarin wurden in das Universitätsarchiv bis 1960 die alten Bestände bis auf Kriegsverluste wieder eingegliedert. Bei Kriegsbeginn waren die besonders wertvollen Stücke aus den Fakultätsarchiven und dem Rektoratsarchiv in bombensichere Kellerräume des Augusteums umgelagert worden. Das Archivgebäude selbst hatte die schwere Bombennacht vom 3. auf den 4.Dezember 1943 in Leipzig überstanden. 1949 wurde mit der Rückverlagerung der Archivalien aus den Kellerräumen begonnen. Die ältesten Archivalien zur Universitätsgeschichte waren ins Umland ausgelagert worden. Dort wurden sie aber 1945 zum größten Teil als Beutegut beschlagnahmt und in die Sowjetunion verbracht. 1958 wurden die Leipziger Beuteakten von der Sowjetunion wieder an die DDR zurückgegeben.
In der DDR war Renate Drucker auch gesellschaftspolitisch engagiert. Von 1957 bis 1989 gehörte sie dem Zentralvorstand und dem Bezirksvorstand Leipzig der LDPD an. Von 1972 bis 1989 war sie Mitglied im Präsidialrat des Kulturbundes der DDR. Sie erhielt in der DDR etliche Auszeichnungen: 1959 wurde sie mit der Ernst-Moritz-Arndt-Medaille, 1960 mit der Wilhelm-Külz-Ehrennadel und der Verdienstmedaille der DDR, 1962 mit dem Vaterländischen Verdienstorden in Bronze, 1967 mit der Clara-Zetkin-Medaille sowie 1977 mit dem Vaterländischen Verdienstorden in Silber ausgezeichnet.
Am 27.10.1996 erhielt sie den Verdienstorden des Freistaates Sachsen, "weil sie maßgeblich den Grundstein zur Erforschung des für die wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung der Stadt Leipzig bedeutsamen jüdischen Teils der Bevölkerung sowie des unwiederbringlichen Verlusts für die Stadt durch dessen Vernichtung gelegt hat" 1. Seit dem Ende der 1960er Jahre erforschte sie die Bedeutung der Juden für die Stadt Leipzig. Sie war Mitbegründerin der 1992 gegründeten Ephraim-Carlebach-Stiftung und war bis 2003 Vorstandsvorsitzende. 2
1997 wurde sie für ihre Verdienste zur ersten Ehrenbürgerin der Universität Leipzig ernannt.
1977 wurde Renate Drucker pensioniert.
1 http://www.geschichte.sachsen.de/1356_35.htm, eingesehen am 01.07.2009
2 http://www.carlebach-stiftung-leipzig.de/content/profil.htm#top, eingesehen am 01.07.2009
weiter Quellen:
http://www.archiv.uni-leipzig.de/archivportal/artikel/anzeigen/artikel/geschichte, eingesehen am 01.07.2009
http://de.wikipedia.org/wiki/Renate_Drucker, eingesehen am 01.07.2009
http://www.archiv.uni-leipzig.de/archivportal/content/files/UAL-Archivgeschichte.pdf, eingesehen am 01.07.2009
http://www.uni-leipzig.de/unigeschichte/professorenkatalog/leipzig/Drucker_1076, eingesehen am 01.07.2009