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Der Pietist August Hermann Francke

 
Francke
  August Hermann Francke
Mit dem Pietismus gewann eine neue Form protestantischen Christentums Gestalt, die weit über den Rahmen der institutionellen Kirche hinausgewirkt hat, z.B. im Bereich der Pädagogik und Armenfürsorge.
Hier ist besonders das Wirken August Hermann Franckes zu erwähnen. Er ist am 22.3.1663 in Lübeck geboren, studierte in Leipzig, war dann Magister und gründete in Leipzig das "Collegium philobiblicum", das den theologischen Nachwuchs für den Pietismus gewinnen wollte. 1689 wurde ihm aber wegen seiner pietistischen Überzeugung von der Leipziger Fakultät das Lehramt entzogen. Auf Vermittlung von Philipp Jakob Spener wurde er 1691 als Professor für griechische und hebräische Sprache nach Halle berufen. Durch Francke wurde die Universität Halle zum Mittelpunkt des Pietismus.

Während des Dreißigjährigen Krieges hatte Halle stark gelitten. Die meisten Bürger lebten auch danach in bitterer Armut. Francke war als Pfarrer in der Hallenser Vorstadt Glaucha täglich mit dem Elend der Menschen konfrontiert. Seine Sorge galt vor allem den vielen Waisen und den verwahrlosten Familien mit ihren unversorgten Kindern. Er richtete mit Spenden 1694 eine Armenschule ein, in der ein armer Student als Lehrer angestellt war. Bald nahmen auch zahlende Bürgerkinder am Unterricht teil. Als sich die Schülerzahlen immer mehr erhöhten, trennte er die Armen- und die Bürgerschule. Es folgten ein "Pädagogium", eine Lateinschule für Söhne begüterter Eltern, und eine Lateinschule, in der besonders begabte arme Kinder in Sprachen (Latein) und Wissenschaften unterrichtet wurden.

Er richtete ein "Seminarium praeceptorum" ein, in dem die Studenten durch Theorie und praktische Anleitung eine Ausbildung für ihre Lehrertätigkeit in Franckes Waisenhaus erhielten.
Zu den Neuerungen Franckes zählen auch Freitische für Studenten, um die Not armer Studenten zu mildern.

1698 wurde mit dem Bau einer neuen Anstalt begonnen, den späteren "Franckeschen Stiftungen". Es folgten noch eine Buchdruckerei, eine Buchhandlung und eine Apotheke, deren Erlöse wieder in die Stiftungen flossen. Zu Franckes Verdiensten muß man rechnen, daß er die Stiftungen mit einer ökonomischen Infrastruktur ausstattete, die den Einrichtungen wirtschaftliche Selbständigkeit ermöglichte.

Das oberste Ziel von Franckes Erziehung war die christliche Frömmigkeit, aber neben der religiösen Unterweisung, der Erziehung zum Gehorsam gegenüber Eltern und Lehrern und der Abwendung von materiellen weltlichen Gütern und Freuden ließ er seine Schüler auch berufspraktisch ausbilden.

Die heutige Pädagogik nennt zwar Francke als Negativbeispiel einer die Körperstrafe legitimierenden Erziehung, bei der das Spiel, das Theater, das Lesen von Romanen, kurz alle Formen weltlicher Unterhaltung verboten waren, aber Franckes Bedeutung liegt in seiner gemeinnützigen Leistung, Kindern aus sozial schwachen Familien einen Schulbesuch ermöglicht zu haben, und seine Lehrmethoden waren in der damaligen Zeit progressiv und fanden auch außerhalb Halles großen Anklang.

Francke genoß die volle Unterstützung seines Königs, Friedrich I. von Preußen. Sein Einfluß auf das preußische Schulwesen und auch auf die weitere Ausbreitung des pietistischen Schul- und Erziehungswesens war bedeutend. Graf Zinzendorf war zum Beispiel Schüler des Pädagogiums. Er ließ 1722 auf seinem Gut in Herrnhut in Sachsen die Herrnhuter Brüdergemeine, einen Zweig des Pietismus, durch mährische Exilanten entstehen. Auch in England und Rußland entstanden Waisenhäuser nach Franckes Vorbild.
Francke starb am 8.6.1727 in Halle.

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