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Die Leipziger Universität in der Revolution 1848-50

1847 war in vielen europäischen Staaten ein Jahr voll gärender Unruhe. Es war die Zeit des "Vormärz". Das Jahrzehnt vor 1848 war die Zeit, in der sich die Opposition gegen die Regierungen bildete und die Presse politisch wurde. Dresden übernahm eine gewisse Vorreiterrolle in Deutschland. In den großen Städten hatte die Not der Fabrikarbeiter ein unerträgliches Maß erreicht. Handel und Gewerbe waren in Unordnung geraten.
Im Februar 1848 brach in Paris nach 1789 und 1930 erneut eine Revolution aus. In Wien revoltierten daraufhin die Studenten und zwangen den Staatskanzler Fürst Metternich zum Abdanken. Diese Ereignisse waren auch in Deutschland das Sturmsignal für Unruhen und Aufstände. Es kam zu blutigen Straßenkämpfen in Berlin zwischen den Soldaten des Königs und der Bevölkerung. Der Aufstand wurde aber schnell niedergeschlagen.

An der Leipziger Universität war durch die Universitätsreform von 1830 eine gewisse Liberalität entstanden. Ihre Fakultäten entwickelten sich rasch, das Studienangebot wurde vielfältiger und sie war auch eine Universität für die "kleinen Leute", denen durch die Vergabe von Stipendien ein Studium ermöglicht wurde. Die politisch interessierte Bevölkerung organisierte sich in einer Vielzahl von neu gegründeten politischen Vereinen, in denen demokratische Grundsätze vertreten wurden. 1843 wurden aber restaurative Kräfte "von oben" bemerkbar. Sie wollten die alte Ordnung wiederherstellen. Unmut wurde vonseiten der Studenten laut. Mehrere kleinere Vorkommnisse zwischen Hof, Regierung und Bevölkerung schufen sogar eine gewisse revolutionäre Stimmung. Soziale Spannungen, bedingt durch die Arbeitslosigkeit von Industriearbeitern als Folge der Wirtschaftskrise von 1847 verschärften sie. Als 1848 die Nachricht von der Revolution in Frankreich Leipzig erreichte, sprang der Funke schnell über. Demokratische Kräfte an der Universität und in der Bevölkerung forderten vom König die Abschaffung der Zensur und die Umgestaltung der Rechtspflege.

Es wurde der Ruf nach einer Nationalversammlung laut, um die nationale Einheit Deutschlands herbeizuführen. Daraufhin ordnete der Bundestag in Frankfurt am Main Wahlen für eine Nationalversammlung an, die im Mai 1848 in der Frankfurter Paulskirche zusammentrat. Der Anfang zur Einheit Deutschlands war getan. Nach langem parlamentarischem Ringen wurde im März 1849 Friedrich Wilhelm IV. von Preußen zum deutschen Kaiser gewählt. Doch dieser nahm die Wahl nicht an, weil er nicht vom Volk gewählt werden wollte. Daraufhin brachen in mehreren deutschen Städten wieder blutige Volksaufstände aus, die niedergeschlagen wurden. Nachdem der König von Sachsen auch die Reichsverfassung abgelehnt und den Landtag aufgelöst hatte, kam es in Dresden zum Maiaufstand. In Leipzig war man bestrebt, die Annahme der Reichsverfassung zu erzwingen. Der Rektor der Universität, Professor Erdmann, ließ an Studenten Gewehre ausgeben, die bereit waren, die Kämpfe in Dresden zu unterstützen. Der Aufstand wurde jedoch mit preußischer Hilfe blutig niedergeschlagen. Die Restauration schlug unter Führung des sächsischen Ministers von Beust zurück. Jetzt unternahm die Regierung alles, um die alte Ordnung wiederherzustellen. Die Leipziger Professoren Moritz Haupt, Otto Jahn und Theodor Mommsen sowie der Privatdozent Fricke wurden - ähnlich wie 1837 die Göttinger Sieben - wegen ihrer politischen Aktivitäten entlassen. Das gleiche Schicksal traf auch die Studenten, die an den Kämpfen in Dresden teilgenommen hatten.

Jahn Mommsen Haupt
Otto Jahn Theodor MommsenMoritz Haupt

Als konservative Kräfte sogar soweit gingen, die alte Ständeordnung vor 1831 wieder herzustellen, opponierten 21 Professoren als Senatsmitglieder der Universität Leipzig gegen die Regierung. Hierzu gehörten die Professoren Albrecht, Drobisch, Hartenstein, Haupt, Jahn, Roscher, Steinacker, Brockhaus, Weber, Erdmann, Weiße und Wuttke.

Die Revolution von 1848-50 brachte Deutschland und auch der Universität Leipzig nicht die erhofften Verbesserungen. Es gab viele gute Ideen, Resolutionen und Verfassungen, nur wurden sie nicht verwirklicht. Die regierenden Könige und Fürsten waren nicht bereit, wegen der Einheit Deutschlands auf ihre Hoheitsrechte zu verzichten. Doch die von der Bevölkerung geforderten und in der Frankfurter Paulskirche verkündeten Grundrechte wirkten nach dieser Revolution weiter fort. Kein Landesherr und auch keine Regierung konnten es sich künftig leisten, ohne sie zu regieren.

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