Karrierebooster Studium – Regionale Unterschiede

Gute Bildung und damit verbundene Kompetenzen verbessern die Chancen auf dem Arbeitsmarkt und gelten als wichtiger Faktor für das Erreichen einer Führungsposition.[1] Das belegen die Daten der Leipziger Elitendatenbank: 97 Prozent der Führungskräfte haben Abitur, 94 Prozent haben einen Hochschulabschluss, 35 Prozent haben sogar promoviert.

Werden die Bildungsabschlüsse der Altersgruppen mit den höchsten Chancen auf Elitenpositionen regional verglichen, zeigt sich: Höhere formelle Bildungsabschlüsse finden sich unter Westdeutschen häufiger wieder, was auf schlechtere Aufstiegschancen für Ostdeutsche schließen lässt. Während etwa 28 Prozent der Ostdeutschen im entsprechenden Alter die Hochschulreife (durch Abitur oder abgeschlossene EOS) erlangt haben, sind es bei den Westdeutschen 41 Prozent. Auch haben mehr Westdeutsche (3 Prozent) eine abgeschlossene Promotion als Ostdeutsche (1 Prozent).

Die unterschiedlichen Voraussetzungen werden auch in der Studienanfängerquote sichtbar. Dabei fällt in den ostdeutschen Ländern die Studienanfängerquote im Jahr 1992 mit durchschnittlich 16,9% deutlich geringer aus als in den West-Ländern (28,5%). In der DDR hatte die Studienanfängerquote im Jahr 1989, je nachdem ob die Studienanfänger an Fachschulen mitgezählt werden oder nicht,  bei 33,5 bzw. 13,8,% gelegen.[2] Bis heute haben sich die Werte zwischen Ost- und Westdeutschland etwas angeglichen, die ostdeutschen Bundesländer liegen jedoch nach wie vor hinter den westdeutschen Bundesländern.

Studienanfängerquote1992200020102020
⌀ Ostdeutschland16,9%25,1%33,9%43,1%
⌀ Westdeutschland*28,5%30,4%41,4%48,5%
*einschließlich Berlin. Ohne Berlin: 1992 28,3%, 2000 30,3%, 2010 41,3%, 2020 48,1%.
Quelle: Statistisches Bundesamt (1998/2022): Fachserie 11 Reihe 4.3.1, eigene Berechnungen

Gründe für den Rückgang der Studienanfängerquote nach der Wiedervereinigung könnten der damals unsichere Arbeitsmarkt und die erlebte Abwertung akademischer Abschlüsse aus der DDR sein. Viele Menschen mit hohen Bildungsabschlüssen in staatsnahen Bereichen wurden arbeitslos. Insbesondere im Wissenschaftssektor kam es zu einem massenhaften Stellenabbau sowie zur Neubesetzung von Führungspositionen durch meist westdeutsches Personal.[3] Der Nutzen eines Studiums gegenüber einer guten Berufsausbildung schien nicht eindeutig.[4] Hinzu kam die Schließung und Neugründung ganzer Studienbereiche, v.a. in den vormals staatsnahen Fächern Politik, Recht, Wirtschaft und Verwaltung, die mehrere Jahre dauerte. Studiengänge für Verwaltungswissenschaft – neben Jura ein wichtiger Abschluss für die Beamtenlaufbahn – wurden erst neu eingerichtet. Danach war der Personalbedarf in Verwaltung und Justiz begrenzt, da seit Anfang der 1990er Jahre viele Posten mit westdeutschem, häufig jungem Personal besetzt waren.[5]

Studienanfängerquote auf Länderebene

1992

2020

Lesehilfe / Erläuterung

Im Jahr 1992 nahmen in Hessen 32,1% der altersspezifischen Bevölkerung erstmals ein Studium an einer Hochschule in Deutschland auf.

Die Studienanfängerquote beschreibt den Anteil der Studienanfänger im 1. Hochschulsemester an der altersspezifischen Bevölkerung. Die regionale Gliederung der Daten erfolgt nach dem Land des Erwerbs der Hochschulzugangsberechtigung.

 Im Jahr 1992 wurde zur Ermittlung der altersspezifischen Bevölkerung die durchschnittliche Größe der Altersjahrgänge der 18- bis 21-jährigen Wohnbevölkerung berechnet. Der Anteil der Studienanfänger an dieser durchschnittlichen Jahrgangsgröße ergibt die Studienanfängerquote.

Die Berechnungsmethode wurde 1998 an internationale Standards angepasst. In den folgenden Jahren wurde das sogenannte Quotensummenverfahren verwendet. Hierfür wird der Anteil der Studienanfänger eines bestimmten Alters an der Wohnbevölkerung des entsprechenden Alters für jeden einzelnen Jahrgang berechnet. Zur Berechnung der Studienanfängerquote werden diese Anteile über alle Jahrgänge addiert.

Für die Berechnung der durchschnittlichen Studienanfängerquoten in Ost- und Westdeutschland wurde Berlin Westdeutschland zugeordnet. Wird Berlin aus der Berechnung herausgenommen, liegt die Studienanfängerquote in Westdeutschland 1992 bei 28,3%, 2000 bei 30,3%, 2010 bei 41,3% und 2020 bei 48,1%.

Fußnoten

[1] Müller, W., Pollak, R., Reimer, D., & Schindler, S. (2017). Hochschulbildung und soziale Ungleichheit. In R. Becker (Hrsg.), Lehrbuch der Bildungssoziologie (pp. 309–358). Springer Fachmedien Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-15272-7_11

[2] Eigene Berechnungen. An Fachschulen wurden Berufe gelehrt, die in Westdeutschland teilweise Ausbildungs- und teilweise akademischen Berufen entsprachen. Aufgrund dieser unterschiedlichen Systematik der Bildungssysteme der DDR und der BRD sind die Studienanfängerquoten nur bedingt miteinander vergleichbar. Quelle: Statistisches Amt der DDR (1990). Statistisches Jahrbuch der Deutschen Demokratischen Republik 1990. Berlin.

[3] Pasternack, P. (2004). Die wissenschaftliche Elite der DDR nach 1989. In H. Veen (Hrsg.), Alte Eliten in jungen Demokratien? Wechsel, Wandel und Kontinuität in Mittel- und Osteuropa. Köln.

[4] Becker, R. (2000). Determinanten der Studierbereitschaft in Ostdeutschland. Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, 33(2), 261–276.

[5] Derlien, H.-U. (1993). German Unification and Bureaucratic Transformation. International Political Science Review, 14(4), 319–334. https://doi.org/10.1177/019251219301400402 und Kollmorgen, R., Vogel, L., & Zajak, S. (Hrsg.). (2023 i. E.). Ferne Eliten. Die Unterrepräsentation von Ostdeutschen und Menschen mit Migrationshintergrund. Springer.

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