Aktive Mikropartikel für die Künstliche Intelligenz nutzen

Künstliche Intelligenz mit neuronalen Netzen führt Berechnungen digital mithilfe von mikroelektronischen Chips durch. Physiker der Universität Leipzig haben nun eine Form des neuronalen Netzes realisiert, das nicht mit Strom, sondern mit sogenannten aktiven kolloidalen Teilchen arbeitet. In ihrer Veröffentlichung dazu in der renommierten Zeitschrift „Nature Communications“ geht es darum, diese Mikropartikel als physikalisches System für die Künstliche Intelligenz und die Vorhersage von Zeitreihen zu benutzen.

Zur Pressemitteilung der Universität Leipzig

Mit „Replacer“ zu nachhaltigen Futterproteinen

Im Projekt „Replacer“ entwickeln Forscher:innen sogenannte hybride lebende Materialien. Es geht um mikrobielle Proteine mit einem geringen Kohlenstoff-Fußabdruck, hoher Akzeptanz und erschwinglichen Kosten – durch die Nutzung von Treibhausgasen. Das Fernziel: eine nachhaltige Produktion von Futterproteinen. Angewandte Forschung also, mit Optionen für einen späteren Transfer. Koordiniert wird das Projekt vom Forschungs- und Transferzentrum für bioaktive Materie (b-ACTmatter).

Erfahren Sie mehr über das Projekt REPLACER:
Pressemitteilung
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Leipziger Forschungsteam entwickelt Verfahren für biobasiertes Nylon

Elektronen und Mikroben sind dafür die entscheidenden Helfer

Bislang basierte die Produktion von Nylon auf erdölbasierten Ausgangsstoffen. Diese ist umweltschädlich, weil fossile Ressourcen genutzt, viel Energie benötigt und bei der Produktion klimaschädliches Lachgas ausgestoßen werden. Ein Forschungsteam des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) und der Universität Leipzig entwickelte nun im Labor ein Verfahren, mit dem aus Phenol durch eine elektrochemische Synthese und den Einsatz von Mikroorganismen Adipinsäure, einer von zwei Grundstoffen von Nylon, produziert werden kann. Zudem gelang es zu zeigen, dass Phenol durch Abfallstoffe aus der Holzindustrie ersetzt werden kann. Damit könnte biobasiertes Nylon hergestellt werden. Publiziert wurde die Forschungsarbeit im Fachjournal Green Chemistry.

In T-Shirts, Strümpfen, Hemden, Seilen oder gar als Bestandteil von Fallschirmen und Autoreifen – überall dort kommen Polyamide als synthetische Kunstfasern zum Einsatz, für  die Ende der 1930er Jahre der Name Nylon geschaffen wurde. Nylon-6 und Nylon-6,6 sind zwei Polyamide, die rund 95 Prozent des globalen Nylon-Marktes ausmachen und aus fossilen Rohstoffen produziert werden. Doch dieser petrochemische Prozess ist umweltschädlich – zum einen, weil dabei weltweit rund zehn Prozent des klimaschädlichen Distickstoffmonoxids (Lachgas) ausgestoßen werden, zum anderen, weil er viel Energie benötigt. „Unser Ziel ist, die gesamte Produktionskette von Nylon grün zu machen. Das ist möglich, wenn wir auf biobasierte Abfälle als Ausgangsstoffe zugreifen und den Syntheseprozess nachhaltig gestalten“, sagt Prof. Dr. Falk Harnisch, Leiter der Arbeitsgruppe Elektrobiotechnologie am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ).

Wie das gelingen kann, haben die Leipziger Forschenden um Falk Harnisch und Dr. Rohan Karande (Universität Leipzig/ Forschungs- und Transferzentrum für bioaktive Materie b-ACTmatter) in einem Beitrag für die Fachzeitschrift Green Chemistry beschrieben. So besteht Nylon zu rund 50 Prozent aus Adipinsäure, die bisher industriell aus Erdöl gewonnen wird. In einem ersten Schritt wird dabei Phenol zu Cyclohexanol umgewandelt, das dann zur Adipinsäure umgesetzt wird. Für diesen energieintensiven Prozess sind hohe Temperaturen, ein hoher Gasdruck und organische Lösungsmittel notwendig, zudem werden viel Lachgas und Kohlenstoffdioxid freigesetzt. Die Forschenden haben nun ein Verfahren entwickelt, in dem sie Phenol mithilfe eines elektrochemischen Prozesses in Cyclohexanol umwandeln können. „Die dahinterstehende chemische Umwandlung ist dieselbe wie bei den etablierten Verfahren: Die elektrochemische Synthese ersetzt jedoch das Wasserstoffgas durch elektrische Energie, findet in wässriger Lösung statt und braucht dafür lediglich Umgebungsdruck und Raumtemperatur“, erläutert der Elektrobiotechnologe Falk Harnisch. Damit diese Reaktion möglichst schnell und effizient läuft, braucht es einen geeigneten Katalysator. Dieser soll die Ausbeute an Elektronen, die für die Reaktion notwendig sind, und die Effizienz, wie viel Cyclohexanol letztlich aus Phenol entsteht, maximieren. In Laborexperimenten zeigten sich die besten Ausbeuten mit einem auf Kohlenstoff basierten Rhodium-Katalysator mit fast 70 Prozent an Elektronen und knapp mehr als 70 Prozent Cyclohexanol. „Die relativ kurze Reaktionszeit, die effiziente Ausbeute und die effektive Energienutzung sowie Synergien mit dem biologischen System machen dieses Verfahren für eine kombinierte Produktion von Adipinsäure attraktiv“, urteilt Dr. Micjel Chávez Morejón, UFZ-Chemiker und Erstautor der Studie. Wie in einem zweiten Schritt das Bakterium Pseudomonas taiwanensis Cyclohexanol in Adipinsäure umwandelt, hatten bereits in einer früheren Forschungsarbeit zwei andere UFZ-Arbeitsgruppen um Prof. Dr. Katja Bühler und Prof. Dr. Bruno Bühler herausgefunden. „Bislang war es nicht gelungen, die Reaktion von Phenol zu Cyclohexanol mikrobiell ablaufen zu lassen. Diese Lücke haben wir durch die elektrochemische Reaktion geschlossen“, bilanziert Dr. Rohan Karande, der diese Arbeiten in Kooperation mit dem UFZ jetzt an der Universität Leipzig fortsetzt.

Und noch eine weitere Lücke einer grünen Nylon-Produktion konnten die Leipziger Forscher:innen schließen, indem sie perspektivisch eine umweltfreundliche Alternative für das aus fossilen Ausgangsstoffen produzierte Phenol entwickelten. Dafür setzten sie Monomere wie beispielsweise Syringol, Catechol oder Guaiacol ein, die allesamt als Abbauprodukt von Lignin – einem Abfallprodukt der Holzwirtschaft – anfallen. „Wir haben für diese Modellsubstanzen zeigen können, dass wir gemeinsam den Weg bis zur Adipinsäure gehen können“, sagt Falk Harnisch. Und Rohan Karande ergänzt: „Weltweit werden rund 4,5 Millionen Tonnen Adipinsäure hergestellt. Wenn wir dafür Holzreststoffe erschließen, hätte das einen entscheidenden Einfluss auf den Weltmarkt.“

Bis das ligninbasierte Nylon marktreif wird, ist es allerdings noch ein weiter Weg. So haben die Wissenschaftler:innen für den 22-stündigen Gesamtprozess, also von den Monomeren aus Ligninresten mittels elektrochemischer und mikrobieller Reaktionsschritte hin zur Adipinsäure, bislang eine Ausbeute von 57 Prozent erzielt. „Das ist eine sehr gute Ausbeute“, sagt Micjel Chávez Morejón. Noch basieren die Ergebnisse auf Laborversuchen im Milliliter-Maßstab. Deswegen sollen in den nächsten beiden Jahren die Voraussetzungen geschaffen werden, um das Verfahren in den Litermaßstab zu bringen. Für diesen Technologietransfer ist nicht nur ein besseres Verständnis des gesamten Prozesses notwendig, sondern unter anderem auch der Einsatz von echten statt wie bislang modellhaften Ligninmischungen und die Verbesserung der elektrochemischen Reaktoren. Falk Harnisch und Rohan Karande sind sich einig: „Das Verfahren für das ligninhaltige Nylon zeigt exemplarisch das große Potenzial elektrochemisch-mikrobieller Prozesse, da durch die intelligente Art der Kombination verschiedener Komponenten eine optimale Prozesskette aufgebaut werden kann.“

Das Verfahren zur Entwicklung von biobasiertem Nylon wird gefördert über das UFZ- Programm für Innovationen „transfun“, das die Umsetzung von Ideen in die Anwendung am UFZ unterstützt. Ergänzt werden die bereitgestellten Projektmittel in Höhe von 250.000 Euro durch Eigenleistungen der Universität Leipzig.  

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Publikation:
Micjel Chávez Morejón, Alexander Franz, Rohan Karande, and Falk Harnisch: Integrated electrosynthesis and biosynthesis for the production of adipic acid from lignin-derived phenols. Green Chemistry, https://doi.org/10.1039/D3GC01105D

Weitere Informationen: Prof. Dr. Falk Harnisch
Gruppenleiter Elektrobiotechnologie, Department Umweltmikrobiologie
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Mit hybriden lebenden Materialien vom Abfall zu Futterproteinen

Klimawandel, Plastikverschmutzung und Ernährungsunsicherheit sind existenzielle Bedrohungen und stellen Europa und die Welt vor enorme Herausforderungen. M-era.Net und der Freistaat Sachsen bewilligten kürzlich ein Projekt, welches sich diesen Herausforderungen stellt: Das REPLACER-Projekt erforscht nachhaltige Technologien, mit denen aus Treibhausgasen mittels Algen oder Bakterien Futterproteine oder Kunststoffbausteine hergestellt werden können.

Kreislaufwirtschaft. Abbildung: b-ACT/BBZ Geschäftsführung

Das REPLACER-Projekt „Recycling von Kunststoffen und Entwicklung hybrider lebender Materialien durch Abscheidung von Treibhausgasen zur Herstellung von Mehrwertprodukten“ möchte  mit Hilfe sogenannter hybrider lebender Materialien (HLMs) die Vorteile von lebenden, biologischen Materialien mit innovativen Technologien kombinieren, um eine nachhaltige Produktion von Rohstoffen zu ermöglichen.
Das Projekt verfolgt einen Ansatz, bei welchen mit mikrobieller Biomasse, wie zum Beispiel Algen, Treibhausgase gebunden werden. Das Kohlendioxid und Methan dieser Gase wird in Zuckerketten umgewandelt, welche dann als Grundlage für die Herstellung von Kunsstoffbausteinen oder Futterproteinen dienen könnten.

Konkretes Ziel ist die Entwicklung und Skalierung HLM-basierter Bioreaktor-Prototypen mit porösen Membranen aus recyceltem Plastik, die eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft ermöglichen und Lösungsansätze für die großen Zukunftsaufgaben geben, vor denen unsere Gesellschaft derzeit steht: die Nahrungs- und Futtermittelunsicherheit, die zunehmende Plastikverschmutzung und der Klimawandel. Neben der Reduktion von Treibhausgasemissionen könnte mit Hilfe dieser Technologie nicht nur die Umweltverschmutzung durch Kunststoffe verringert, sondern auch nachhaltige und wertschöpfende Futtermittel produziert werden. Die Forschungsergebnisse könnten also bei der Erreichung mehrerer relevanter UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) helfen.

Dr. Rohan Karande, wissenschaftlicher Leiter des Projektes hofft, in drei bis vier Jahren einen Prototyp im Pilotmaßstab vorstellen zu können.

REPLACER ist eines der Projekte, welches aus 82 eingereichten Vorschlägen bei der M-ERA.NET- Ausschreibung 2022 zum Thema „Funktionelle Materialien“ ausgewählt wurde. Im Fokus stehen die Erreichung der Ziele des Europäischen Green Deals und des Aktionsplans für die Kreislaufwirtschaft der EU-Kommission. Gefördert werden Projekte, deren Ansatz die Entwicklung fortschrittlicher, ressourceneffizienter Technologien für eine Kreislaufwirtschaft ermöglichen.

Das REPLACER-Projekt wird durch das Forschungs- und Transferzentrum für bioaktive Materie (b-ACTmatter) der Universität Leipzig koordiniert. Neben dem Projektkoodinator Dr. Rohan Karande wird das Projekt durch Prof. Frank Cichos, Dr. Susanne Ebitsch, Prof. Oskar Hallatschek und Prof. Tilo Pompe getragen. Weitere sächsische Kooperationspartner sind das Leibniz-Institut für Oberflächentechnik (IOM) und das Materialtechnologieunternehmen qCOAT GmbH. Auf europäischer Ebene sind Partner der Universität Lettland und die Holisun SRL, Rumänien, an dem Konsortium beteiligt.

Wissens- und Technologietransfer: Lost in Translation?

Wie können Innovationen schneller in die Praxis gelangen? Dr. Susanne Ebitsch, Geschäftsführerin des Forschungs- und Transfer-Centers für bioaktive Materialien, bACTmatter an der Universität Leipzig, zeigt auf, wie der Wissens- und Technologietransfer aus der Universität heraus beschleunigt und verbessert werden könnte.

https://www.goingpublic.de/life-sciences/wissens-und-technologietransfer-lost-in-translation/

Eurostars-Projekt „SoftKollP: der erste tragbare Biosensor für die quantitative Feldüberwachung von anthropogenen Schadstoffen in der Umwelt“

Vor kurzem ist unser Eurostars-Projekt „SoftKollP: der erste tragbare Biosensor für die quantitative Feldüberwachung von anthropogenen Schadstoffen in der Umwelt“ gestartet.

Gemeinsam mit unseren Partnern HiSS Diagnostics GmbH (Projektleitung, Freiburg und Leipzig) und ECTICA TECHNOLOGIES AG (Zürich) wollen wir die hochempfindliche SoftKollP-Technologie für die schnelle, einfach zu bedienende, kostengünstige und quantitative Überwachung von anthropogenen Schadstoffen in der Umwelt und in der Landwirtschaft vor Ort auf den Markt bringen. Die SoftKollP-Technologie basiert auf weichen Hydrogel-Mikropartikeln und wurde an der Universität Leipzig und der TU Dresden entwickelt. Als Markteintrittsproduktlinie werden wir SoftKollP für das kritisch diskutierte und weit verbreitete Herbizid Glyphosat und sein Abbauprodukt AMPA entwickeln.

Rebecca Graul (HiSS) und Benjamin Simon (CEO ECTICA) besuchten diese Woche das Labor von Prof. Tilo Pompe, um von der Doktorandin Veronika Riedl zu erfahren, wie weiche Hydrogel-Mikropartikel hergestellt werden.
Von links nach rechts: Prof. Tilo Pompe, Dr. Benjamin Simona, Rebecca Graul und Veronika Riedl

Kreativtag – DNA Origami

Erstaunlich, was man mit DNA -Origami alles machen kann!

Ein bunt gemischtes Team hat am „Creative Day“, veranstaltet durch die Gründerinitiative SMILE und dem Forschungs- und Transferzentrum für bioaktive Materialien an der Universität Leipzig,  mit Kreativitätstechniken inspirierende Produkt- und Businessideen entwickelt. Unser Nachwuchsgruppenleiter Dr. Henri Franquelim will diese nun mit seinem Team umsetzten und in die Anwendung bringen.

Dr. Henri Franquelim diskutiert mit den Teilnehmern. Foto: SMILE/ Gundula von Fintel 
Ergebnis

Für das Labor auf dem Chip: Leipziger Wissenschaftler entwickeln neues Thermofluidik-Verfahren

Forschern der Universität Leipzig ist es gelungen, winzige Flüssigkeitsmengen nach Belieben zu bewegen, indem sie Wasser über einem Metallfilm mit einem Laser ferngesteuert erhitzen. Die derart erzeugten Strömungen können genutzt werden, um winzige Objekte zu manipulieren und sogar einzufangen. Dies schafft neue, bahnbrechende Lösungen für die Nanotechnologie, die Manipulation von Flüssigkeiten in Systemen auf kleinstem Raum oder in der Diagnostik, indem es den Nachweis kleinster Stoffkonzentrationen mit neuartigen Sensorsystemen ermöglicht. Martin Fränzl und Professor Dr. Frank Cichos von der Fakultät für Physik und Geowissenschaften der Universität Leipzig beschreiben in einem jetzt in der renommierten Fachzeitschrift „Nature Communications“ veröffentlichten Artikel, wie dies erreicht wurde.

Neues Messverfahren soll Entwicklung mehrfach recyclebaren Kunststoffs beschleunigen

Obwohl es mittlerweile biologisch abbaubare Kunststoffalternativen zu PET gibt, stellen diese bisher ein Nischenprodukt dar. Sie können, wenn es um Anforderungen wie mechanische und thermische Stabilität, den Einsatz als Feuchtigkeitsbarriere und die Haltbarkeit geht, für viele Anwendungen nur bedingt eingesetzt werden. Genau diese gewünschten Eigenschaften sind es jedoch, die die immer größer werdenden Plastikmüllberge und die damit einhergehende Umweltverschmutzung zu einer der größten Herausforderung unserer Zeit werden lässt. Daher werden neben Strategien zur Plastikmüllvermeidung Verfahren zum Recycling immer bedeutsamer. Wissenschaftler:innen der Universität Leipzig haben nun ein Messverfahren entwickelt, das die Entwicklung mehrfach recyclebaren Kunststoffs beschleunigen soll. Die Ergebnisse wurden nun im Journal „ACS Catalysis“ veröffentlicht, einem der renommiertesten Fachjournale zum Thema Biokatalyse/Enzyme.

Zur Pressemitteilung der Universtät Leipzig