Teilung und (Wieder-)Anschluss. Infrastrukturen und Raumformate am „Eisernen Vorhang“

Krischan Bockhorst (SFB 1199), Dirk van Laak (SFB 1199 & Leipzig U), Miriam Pfordte (SFB 1199)

Publication Date

April 2023

Publisher

SFB 1199 (Leipzig U)

Language

German

Type

Working Paper

Zusammenfassung

Das Working-Paper argumentiert für einen intensiveren Einbezug der Wechselwirkung von materieller Infrastruktur und sozialen Praktiken bei der Erforschung von Verräumlichungsprozessen während des sogenannten Kalten Krieges.

Hierfür wird das Raumformat des „Sicherheitsraumes“ näher beleuchtet. Dieser entstand vor dem Hintergrund des durch die Systemkonkurrenz gesellschaftlich empfundenen Bedrohungsszenarios und die politisch initiierte Implementierung neuer Infrastrukturen entlang der neuen ideologischen und territorialen Grenze. Als Variante des Sicherheitsraumes wird anhand der Beispiele des innerdeutschen Grenzraumes und des privat organisierten Paketverkehrs zwischen der BRD und Polen zudem das Konzept des „Fließraumes“ diskutiert. Letzterer hebt auf die Etablierung gesicherter Verbindungen und Anschlüsse innerhalb des eher statischen – weil auf territoriale Begrenzungen bezogenen – Sicherheitsraumes ab.

Obwohl Europa und insbesondere Deutschland während der weltpolitischen Spannungslage nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges als besonders stark von Grenzen geprägt erschien, muss der „Eiserne Vorhang“ daher unter den Bedingungen der Globalisierung als eine letztlich anachronistische und in historischer Perspektive auch erfolglose Bemühung verstanden werden, der fortschreitenden räumlichen und ideologischen Verflechtung politischer Systeme entgegen zu wirken.

Abstract

This working paper argues for a more intensive consideration of the interaction of material infrastructure and social practices in the study of spatialisation processes during the so-called Cold War.

For this purpose, the spatial format of “Sicherheitsraum” (security space) is examined in more detail. It emerged against the backdrop of the context of a socially perceived threat scenario caused by system competition and the politically initiated implementation of new infrastructures along the new territorial border. As a variant of the security space, the concept of the “Fließräume” (spaces of flow) is also discussed using the examples of the inner-German border space and the privately organised parcel traffic between the FRG and Poland. The spaces of flow concept emphasises the establishment of secure connections and links within the rather static (because related to territorial boundaries) security space.

Although Europe, and Germany in particular, seemed to have been particularly marked by borders during the world-political tensions after the end of the Second World War, the “Iron Curtain” must therefore be understood under the conditions of globalisation as an ultimately anachronistic and (in historical perspective) unsuccessful effort to counteract the progressive spatial and ideological entanglement of political systems.

Kurzbiographien

Krischan Bockhorst (SFB 1199)

Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Promotionsstudent beim Sonderforschungsbereich 1199 “Verräumlichungsprozesse unter Globalisierungsbedigungen” im Teilprojekt B09 “The “Iron Curtain” between Static Spaces and Fluid Networks. Exclusion and (Re)Connection, 1960–2010”.

Prof. Dr. Dirk van Laak (SFB 1199 & Department of History, Leipzig University, Germany)

Prof. Dr. Dirk van Laak ist seit 2016 W3-Professor für die Geschichte des 19. bis 21. Jahrhunderts in Leipzig. Von 1982 bis 1989 studierte er an der Gesamthochschule Essen und promovierte 1992 an der Fernuniversität Hagen. 1993 bis 2007 war er Assistent in Jena und nahm Gast- und Vertretungsprofessuren in Chicago (1995/96), Tübingen (2002/03) und Freiburg (2003/04) wahr. Von 2007 bis 2016 war er Professor für Zeitgeschichte in Gießen. Seine Schwerpunkte in der Forschung ist die deutsche, europäische und Globalisierungsgeschichte, Intellektuellen- und Infrastrukturgeschichte, Geschichte der Literatur und der Geschichtsschreibung.

Miriam Pfordte (SFB 1199)

Miriam Pfordte ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt „Der ‚Eiserne Vorhang‘ zwischen statischen Räumen und fließenden Netzen. Ausschluss und (Wieder-)Anschluss 1960-2010“ (B09) des Sonderforschungsbereichs 1199 „Verräumlichungsprozesse unter Globalisierungsbedingungen“. Vor dieser Tätigkeit war sie als Wissenschaftliche Hilfskraft an der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig und am Lehrstuhl für Geschichte des 19. bis 21. Jahrhunderts beschäftigt. Ihre Forschungsinteressen liegen in der Infrastrukturgeschichte, Material Culture und der Geschichte des Kalten Krieges.