Global Historical Sociology und Globalgeschichte vor der Herausforderung des spatial turn

Matthias Middell (SFB 1199 & Leipzig U)

Publication Date

September 2019

Publisher

Deutsche Gesellschaft für Soziologie, Universität Göttingen

Language

German

Type

Article

Journal

Komplexe Dynamiken globaler und lokaler Entwicklungen. Verhandlungen des 39. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Göttingen

Volume

39

Additional Information

Abstract

Global Historical Sociology (GHS) ist ein relativ junges Phänomen und setzt sich kritisch mit der Idee auseinander, die Welt sei aus fixen Einheiten zusammengesetzt (Gesellschaften bzw. Staaten), denen bestimmte Charakteristika (Variablen) eigen sind. Vielmehr sei eine Welt der sich wandelnden Verräumlichungen sozialer Interaktionen und eine Welt der sich historisch entfaltenden und ablösenden Konstruktionen sozialer Objekte bzw. Beziehungen der Ausgangspunkt für die GHS.

Diese Agenda nimmt Diskussionen aus der Globalgeschichte seit den späten 1980er Jahren auf. GHS und Globalgeschichte stehen vor der Herausforderung, wie sie die unter Globalisierungsbedingungen beschleunigt ablaufende Neuverräumlichung der Welt erfassen und welche Rolle sie selbst in der gegenwärtig zu beobachtenden Proliferation von Raumsemantiken spielen wollen.

Der sogenannte spatial turn hat viele Disziplinen inspiriert. Gleichwohl wirkt noch immer die Hierarchisierung nach, die sich um 1900 entfaltete und in der sich der Nationalstaat alle anderen Formen der Verräumlichung unterordnete und eine passende Semantik etabliert wurde, die für viele Disziplinen bis heute weitgehend konstitutiv geblieben ist. Wir entwickeln dagegen ein Kategoriensystem, das Verräumlichungsprozesse, territoriale und nicht-territoriale Raumformate sowie eine tendenziell globale Raumordnung in einen systematischen Zusammenhang bringt und dessen historischen Wandel beobachtet. Das im Mittelpunkt dieses Vortrags stehende Kategoriensystem versucht dabei eine Beschreibungssprache für die räumliche Verfasstheit sozialer Interaktionen zu entwerfen, die sich von der Prägung durch eine spezifische (westliche) historische Erfahrung emanzipiert, statt diese unreflektiert zugrunde zu legen.

Biographical Note

Matthias Middell (SFB 1199 & Leipzig University, Germany)

Matthias Middell is a professor of cultural history at Leipzig University as well as a speaker of the SFB 1199 and director of the Global and European Studies Institute at Leipzig University. He studied history earning his PhD from Leipzig University with his research focusing on the French Revolution. Since 2013, he has served as the director of the Graduate School Global and Area Studies in Leipzig and is currently the head of the Erasmus Mundus Global Studies Consortium. He teaches regularly at partner universities and co-supervises PhD candidates with colleagues from France, South Africa, and Ethiopia. His current research interests include the history of the French Revolution from a global perspective, history of cultural transfers around the world, and the role of space in the understanding of the current world being the result of long-lasting global connections.