Publication Date
January 2016
Publisher
Potsdam: Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam
Language
German
Type
Article
Journal
Docupedia-Zeitgeschichte
Additional Information
Abstract
Ursprünglich in den Literatur- und Kulturwissenschaften entwickelt, hat sich die Kulturtransferforschung inzwischen in vielen Bereichen der Geschichtswissenschaft etabliert. Sie legt den Schwerpunkt auf die Präsenz von Elementen fremder Kulturen in der eigenen Kultur durch empirisch untersuchbare Auswahl- und Aneignungsprozesse sowie deren Akteure und Medien. Die Kulturtransferforschung betont im Gegensatz zu älteren Annahmen über Einflüsse, die solche Aneignungsprozesse angeblich automatisch nach sich ziehen, das Kontingente an der Perzeption, für die nicht nur die Möglichkeit zum Kontakt und eine entsprechende eigene Motivation – etwa durch die Identifizierung eines Defizits in der aneignenden Kultur – Voraussetzungen sind, sondern bei der sich auch konkrete Vermittler engagieren müssen. Der Gebrauch des Wortes “Transfer” hat dabei zuweilen zu Missverständnissen geführt, weil dies im Deutschen und Englischen häufig mit Ausbreitung oder Diffusion verknüpft wird (etwa im landläufigen Verständnis von Kapital- oder Technologietransfer). Im Französischen, wo die Terminologie der Transferts culturels zunächst eingeführt wurde, ist dagegen der Ausgangspunkt die Sprache der Gaben-Theorie von Marcel Mauss, die den Aneignungsaspekt in sich trägt.
Diese semantischen Unterschiede sind neben anderen, auf die noch einzugehen sein wird, eine Ursache für die relativ lange wirksame Eingrenzung der Kulturtransferforschung auf den deutsch-französischen Kontext. In anderen Wissenschaftskulturen und Untersuchungsfeldern haben sich Begrifflichkeiten etabliert, die Überschneidungen mit der Kulturtransferforschung aufweisen, so etwa Studien zu cultural encounters, Hybridität, Kulturkontakten, Interkulturalität u.v.a.m., aber teilweise andere Schwerpunkte setzen bzw. in der Operationalisierung der Konzepte anders vorgehen.
Image source: Docupedia, Link (18 July 2017)
Biographical Note
Prof. Dr. Matthias Middell (SFB 1199 & Global and European Studies Institute, Leipzig University, Germany)
Matthias Middell is a professor of cultural history at Leipzig University (Germany) as well as a speaker of the SFB 1199 and director of the Global and European Studies Institute at Leipzig University. He studied history earning his PhD from Leipzig University with his research focusing on the French Revolution. Since 2013, he has served as the director of the Graduate School Global and Area Studies in Leipzig and is currently the head of the Erasmus Mundus Global Studies Consortium. He teaches regularly at partner universities and co-supervises PhD candidates with colleagues from France, South Africa, and Ethiopia. His current research interests include the history of the French Revolution from a global perspective, history of cultural transfers around the world, and the role of space in the understanding of the current world being the result of long-lasting global connections.